Kampf zweier Linien in der Bratröhre

In der revolutionären Genussbewegung ist erneut der Kampf zweier Linien in aller Schärfe ausgebrochen. Ein Ex-Kollege, der wie ich dem Gulag in der Torstraße 6 (Verlag 8.Mai, Redaktion Junge Welt) lebend entkommen ist,startete am 23. Dezember eine gezielte Provokation. Unter den Augen der NSA, der CIA und anderer Geheimdienste postete er in einem so genannten sozialen Netzwerk unter dem opportunistischen Titel „ Ich denk, mein Schwein pfeift auf den Niedrigtemperaturblödsinn“ seine Zubereitungsmethode für eine Keule vom Brandenburger Wildschwein: Keule beizen, scharf anbraten und dann für zwei Stunden in den auf 190 Grad vorgeheizten Ofen packen.

Ich erwiderte, dass dies beim recht fetthaltigen Wildschwein durchaus funktionieren kann. Bei mageren Wildteilen droht allerdings ein Desaster: das Fleisch wird trocken und faserig. Und auch beim Wildschwein spricht nichts gegen die Zubereitung mit Niedrigtemperatur (beizen, anbraten, bei 75 Grad für fünf-sechs Stunden in die Röhre, dann noch mal kurz hochfahren).

Doch der Kollege – er stammt übrigens aus dem Osten – ließ nicht locker. Bei seiner Methode entstehe u.a. durch die Zugabe von Wurzelgemüse eine viel intensivere Bratensoße. Das ist natürlich Unfug! Zum einen kann die Soße auch separat aus gehackten, und angerösteten Wildknochen und Wurzelgemüse fabriziert werden. Ablöschen, reduzieren, durchseien, verfeinern, fertig. Außerdem entsteht auch bei 75 Grad in der Röhre ein intensiver Sud.

Hoch- oder Niedrigtemperatur, das ist hier die Frage

Doch auf einmal meldete sich ein trotzkistischer Bürokrat, der seine Soßen stets aus Tütenpulver herstellt, zu Wort. Mein Kollege habe Recht, „denn die Bräunung produziert das köstliche Saucenaroma“.  Spätestens jetzt wurde klar, dass es sich um eine trotzkistische Verschwörung handeln muss. Aber da sind die Herren bei mir an der falschen Adresse. Ich verwies auf den Leitantrag des Politbüros der KPD/AO auf der vierten Parteikonferenz im März 1972 in Dortmund. Dort hieß es unmissverständlich:

 „Die Vielzahl trotzkistischer Sekten die sich in den imperialistischen Zentren (oder auch Küchen, d.Verf.) tummeln, ergibt sich ideologisch einerseits aus der schwankenden Linie in Trotzkis Werken selbst; jede dieser Gruppen kann so ihren „eigenen Trotzkismus“ (oder eben auch ihre eigene Bratmethode, d.Verf.) interpretieren, entgegen jeder ideologischen Kontinuität gibt es für jeden Ansatz etwas herauszupicken. Gleichzeitig führt ihre Funktion als Helfershelfer „linker“ Sozialdemokratie aber auch zu Problemen ideologischer Natur, da der Trotzkismus systematisch ideologische Verwirrung innerhalb der Bewegungen (und natürlich auch bei den revolutionären Hobbyköchen, der Verf.) stiftet und es dadurch nicht selten versteht, gerade junge und noch unerfahrene Kräfte an sich zu binden.“

Von diesem Keulenschlag haben sich die Herren noch nicht erholt. Die proletarische  Generallinie in der Bratröhrenfrage wird sich jedenfalls durchsetzen:

 Es lebe die revolutionäre Niedrigtemperaturgarmethode!
Nieder mit der trotzkistischen Kurz-Heiß-Braterei!

3 Gedanken zu “Kampf zweier Linien in der Bratröhre

  1. Ist die KPD/AO nicht die Truppe, die sich einschließlich des Lotsen Balcerowiak in schließlich in die kleinbürgerlichen Grünen aufgelöst hat? Und vorher die Vereinigung Deutschlands forderte?

    • An dieser historischen Analyse der KPD/AO ist zweifellos was dran. Ich habe allerdings nie die “Vereinigung Deutschlands” gefordert und war dann auch raus aus der Truppe.

  2. Hätte ich früher von diesem schändlichen Treiben des Ex-Maoisten Balcerowiak erfahren, hätte unsere BO ihm niemals die Datsche des ehemaligen Genossen Innensenator in Wandlitz überlassen. Dieser Fehler war nur möglich, da unser Schwert und Schild der Partei, das Ministerium, nicht mehr aktiv ist!