Was sollen wir lesen? Zum ersten Todestag der FTD

Vor einem Jahr erschien die letzte Ausgabe der Financial Times Deutschland (FTD). In den 13 Jahren ihres Bestehens hatte das Blatt stets Verluste geschrieben, schließlich zog der Verlag Gruner+Jahr die Reißleine.

Das Problem der Zeitung war absurderweise ihr kompromissloses Bekenntnis zur redaktionellen Unabhängigkeit und hohen journalistischen Standards. Der angepeilten wirtschaftsaffinen Leserschaft war sie offenbar zu diskursfreudig, bisweilen auch zu marktwirtschaftsskeptisch. Auch große Anzeigenkunden mussten damit rechnen, dass ihre Unternehmen Gegenstand stets fundierter, aber eben auch kritischer Berichterstattung werden. Und spannende Debatten zwischen Marktradikalen und Marxisten empfand man in diesen Kreisen wohl auch eher als degoutant

Zeitungsleser wird es bald nur noch versteinert geben

. Das Kapital fühlte sich entsprechend düpiert. Ein ehemaliger Mitarbeiter sagt dazu in der aktuellen Ausgabe des Cicero: „Sie waren enttäuscht, dass man uns nicht beeinflussen konnte. Das war nicht erwünscht. Am Ende hat man uns einfach boykottiert.“ Da aber auch linke und linksliberale Leser mehrheitlich lieber ihre Weltbilder bestätigt haben wollen, statt sich der Auseinandersetzung zu stellen, war auch in dieser Sphäre nichts zu holen. Die fundierte Beschäftigung mit ökonomischen Fragen gehört ohnehin nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen deutscher Linker.

Natürlich gab es noch andere Faktoren, die den Untergang der FTD besiegelten. Viel zu spät erkannte man die dramatischen Veränderungen, die das Internet für Zeitungen mit sich bracht.

Ein auch nur einigermaßen ähnliches Medium wie die FTD wird es wohl nie mehr geben. Ganz interessante Ansätze zeigt das sehr professionelle Portal Deutsche Wirtschaftsnachrichten, wobei mir bislang unklar ist, wie die sich finanzieren. Zu befürchten ist allerdings, dass die Zukunft des Tagesjournalismus in Publikationen wie der Huffington Post liegt, ein wirklich ekelhaftes Produkt, irgendwo zwischen Neoliberalismus und Dumpfbackigkeit angesiedelt und stets in der Grauzone zwischen Journalismus und Lobbyismus lavierend. Und die gedruckte, überregionale Tageszeitung scheint eh ein Auslaufmodell zu sein.

 Anderes Thema: Gerne gebe ich zu, dass ich ausnahmweise als Koch vollkommen versagt habe. Mein auch in diesem Blog angekündigtes Wirsing-Curry geriet zum ungenießbaren Desaster, ziemlich überwürzt und vor allem abartig bitter. Muss ich wohl noch Mal versuchen….

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