Über Lanz, Petitionsterror und SPD-affine Weine

Jedes Testbild ist besser als eine Talkshow im ZDF

Markus Lanz ist als öliger Unsympath ein Top-Produkt aus der journalistischen Resterampe, die zur Bestückung der TV-Abendunterhaltung herangezogen wird. Wer sich diesen ganzen Schwachsinn anschaut, ist 100 Prozent sowas von selber Schuld, und hat daher nicht den geringsten Grund, sich auch noch darüber aufzuregen, wie Lanz die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht beblökte. So weit, so normal.

 Weniger normal ist allerdings, dass irgendwelche willigen TV-Glotz-Sklaven aus der „Heldenstadt“ Leipzig diese Nullnummer zum Anlass nahmen, vom ZDF die Entlassung von Lanz zu fordern. Was natürlich kompletter Schwachsinn ist, weil nicht Lanz das Problem ist, sondern die politische Ausrichtung des Senders. Außerdem ist der Gedanke, die Besetzung von Moderatorenstellen vom jeweiligen Volksempfinden abhängig zu machen, nicht sonderlich berückend.

 Als Plattform für diesen Unfug bot sich dabei das Portal „openpetition“ an, dass sich als „Plattform für Bürgerinitiativen, Petitionen und Kampagnen“ versteht, und angeblich mit über 1,5 Millionen Nutzern vernetzt ist. Davon abgesehen, dass es ungeheuer ermüdend und vor allem vollkommen sinnlos ist, wenn man mittlerweile täglich mit neuen Unterschriftensammlungen für oder gegen irgend etwas bombardiert wird; in der Causa Lanz haben sich die Portalverwalter so richtig zum Obst gemacht.

 Denn nun trat Dieter Nuhr auf den Plan. Den kann ich eigentlich auch nicht leiden, wie alle selbsternannten Komiker, die nicht komisch, sondern in erster Linie peinlich sind. Aber Nuhr versuchte was Gutes: Er startete eine Anti-Anti-Lanz-Petition mit der Losung “Gegen digitales Mobbing, binäre Erregung und Onlinepetitionswahn”. Die Anonymität des Internets führe zur “Bildung eines unzivilisierten öffentlichen Raumes, vergleichbar mit den rechtsfreien Räumen der prähistorischen Gesellschaften”, hieß es in seinem Aufruf. Doch prompt sperrten die Möchtegern-Robin-Hoods der digitalen Demokratie den Aufruf wegen “Nichtbeachtung der Nutzungsbedingungen”. Doch eigentlich ist alles ganz einfach: Man sollte a) Lanz ignorieren und b) Online-Petitionen ignorieren.

 Nicht ignorieren kann man leider das Ergebnis des Volksbegehrens in Berlin zur Zukunft des Tempelhofer Feldes. Ein grün angehauchter, asozialer Mob hat es tatsächlich geschafft, trotz der offensichtlichen Wohnungsknappheit in Berlin mehr als 174.000 gültige Unterschriften gegen jegliche Bebauung des Tempelhofer Feldes zu sammeln. Ein entsprechender Volksentscheid wird voraussichtlich im Main stattfinden. Ich hätte mir auch nicht träumen lassen, dass ich in meinem Leben nochmal dafür eintreten werde, dass ein Plan eines SPD-geführten Senats auch gegen entschiedenen „Bürgerwiderstand“ durchgesetzt wird.

 Apropos Sozialdemokraten: Selbst in Moabit gibt es Angehörige dieser seltsamen Vereinigung, die sich für Wein interessieren. Einer war wohl auf mein Essay zum Thema Wein und sein Preis in der taz gestoßen, und wollte eine Empfehlung für guten, preiswerten Gewürztraminer und Riesling. Und er ist tatsächlich bereit, mehr als fünf Euro für eine Flasche auszugeben, was ihn von mindesten 80 Prozent der deutschen Weinkäufer unterscheidet.

 Natürlich kann dem Mann geholfen werden. Einen wunderbar klaren, mineralischen 2012er Riesling Kabinett trocken mit feinem Apfelduft und dezenten Tönen von gelben Früchten am Gaumen gibt es für sechs Euro beim Weingut Didinger aus dem ohnehin grotesk unterbewerteten Weinbaugebiet Mittelrhein. Und für trockenen Traminer unter zehn Euro ist für mich Horst Hummel nach wie vor die erste Adresse. Mit irgendwas muss man seinen Ärger über den täglichen Schwachsinn schließlich runterspülen, und Genuss ist bekanntlich Notwehr.

 

 

 

 

 

 

4 Gedanken zu “Über Lanz, Petitionsterror und SPD-affine Weine

  1. (Unbezahlte Werbung an)
    Noch ‘n Gewürztraminer: Bernhard Koch, Pfalz. GW Rosengarten … sechsfuffzich. Klar, nicht parfümiert, elegant.
    Koch ist überhaupt eine tolle Adresse für bezahlbare Weine … sein Spätburgunder R ist für 8 Euro unschlagbar.
    (Unbezahlte Werbung aus)

  2. Na, da darf doch der Hinweis auf den Gewürztraminer vom Weingut
    Klaus Stülb in Kaimt (genauer: Zell-Kaimt – aber die Kaimter waren viel früher da!) auf keinen Fall fehlen.
    Ecovin Weingut + Sectmanufaktur Klaus Stülb. http://www.stuelb-wein.de
    Beim nächsten Besuch an der Mittelmosel (Reil) unbedingt in Kaimt vorbeigucken.
    Und probieren.
    Auch den einzigartigen Gelben Muscateller!!!!
    Dass es so was überhaupt noch gibt! Und zu den Preisen.
    Das findet man tatsächlich nur an der Mosel….