Abschied vom Bach-Modus – der Irrsinn wartet (und guter Rosé)

 Ich bin schon am Montag aus Leipzig zurück gekommen. Doch das Bachfest hat noch einige Tage nachgeklungen. Sei es der glockenhelle Sopran von Ruth Holton, die sich scheinbar mühelos durch ein anspruchsvolles Liedprogramm von Bach bis Haydn bewegte. Oder die deutsch-polnische Orchesterakademie, ein Projekt mit 13-19jährigen Musikschülern, welches die spezifischen Spielweisen für Alte Musik beeindruckend beherrschte und einem die Angst vor der Zukunft dieses Genres ein wenig nimmt. Die drei Tage haben mich jedenfalls begeistert und auch meinen Kopf freigespült. Denn Bach ist frische Luft für die Seele.

Bis nächstes Jahr, Johann Sebastian

 Der Bach-Modus wird jedenfalls allmählich abgeschaltet. Schließlich gibt es für mich als Politik- und Wein-Journalisten genug wunderliche Dinge zu beobachten und zu bearbeiten. Und auch der Alltag hat in Zeiten einer Fußball-WM einiges zu bieten.

 Fangen wir mit Berlins jetzt offenbar vollkommen durchgeknallten Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit an. Der will allen Ernstes, dass sich Berlin um die Olympiade 2024 bewirbt. Denn, so Wowereit: “Berlin kann Olympia”. Na klar, Wowi, Berlin kann schließlich auch Flughafen und Staatsoper, Berlin kann auch marode Straßen, Brücken und öffentliche Gebäude sowie Wohnungsmangel. Berlin hat zudem einen klitzekleinen Schuldenberg von 60 Milliarden Euro, und da kommt’s auf ein paar Euro mehr wohl auch nicht mehr drauf an. Olympia ist für Berlin (aber auch für jede andere Stadt der Welt) ungefähr so nützlich wie eine Grippeepidemie oder eine Heuschreckeninvasion.

 Wein habe ich in Sachsen kaum getrunken, ich erspare mir (und vor allem der sächsischen Gastronomie), die Gründe genauer darzulegen. Jetzt wird wieder verkostet, was das Zeug hält. Und tatsächlich habe ich inmitten kistenweise angelieferter, absolut untrinkbarer Roséweine mal wieder eine Perle gefunden. Kein Bonbonwasser, kein Geschmack nach ausgelösten Gummibärchen oder Erdbeermarmelade, sondern frischer Limettenduft und Wiesenblumen in der Nase. Am Gaumen dann zunächst sehr schöne Zitrusaromen und ein wenig Grapefruit sowie eine Spur Sauerkirsche. Wenn der Wein dann zwei-drei Grad wärmer ist, fächert sich das Spektrum weiter auf. Man schmeckt einen Hauch von Granatapfel und auch frische Minze, alles sehr stimmig eingebunden ist recht knackige Säure und minimale Restsüße (1,2 Gramm pro Liter). Ein Sommerwein der Extraklasse und für 5,90 Euro ausgesprochen preiswert. Den Ramón Bilbao Rosado 2013 kann man unter anderem hier bestellen.

 Ansonsten dreht sich derzeit alles um die Fußball-WM. Portugal hat leider gegen Deutschland verloren. Je länger Deutschland im Turnier verbleibt, desto ätzender wird die Stimmung in der Stadt werden. Mir hat schon diese Moabiter Pfeife gereicht, die mit ein entrüstetes “Schäm dich” entgegen lallte, als ich am Spieltag mit einem Portugal-Trikot zur Kneipe ging.  Also: Vorwärts Ghana, vorwärts USA.

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