Der Mob spurt. Angeheizt von einschlägigen Medien meint inzwischen jeder Depp das Recht zu haben, Claus Weselsky als Psychopathen beschimpfen zu dürfen und seine Gewerkschaft in eine Reihe mit Erpressern und Geiselnehmern zu stellen. Längst haben sich honorige Persönlichkeiten in den Chor eingereiht. Berlins oberster Tourismusmanager Burkhard Kieker sprach heute morgen im Inforadio des rbb von einem „Profilneurotiker“, dessen Gewerkschaft „ein ganzes Land als Geisel nimmt und jetzt auch noch die Hauptstadt“ (hat er wirklich so gesagt). Der Focus veröffentlichte Fotos von Weselskys Wohnhaus, und die Bild seine Bürotelefonnummer.
Am Mittwoch nachmittag trat Weselsky in Berlin vor die Presse – und redete Klartext. Der Streik wird trotz des „Schlichtungsangebots“ der Bahn wie geplant fortgesetzt. Denn die Bahn verlange von der GDL, als Vorbedingung für Verhandlungen „ihre Grundrechte an der Garderobe abzugeben“. Erneut verwies er auf Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes, wo allen Beschäftigten die Koalitionsfreiheit garantiert wird und alle dem entgegen stehenden Abreden für unzulässig erklärt werden. Und bei Grundrechtsfragen „gibt es für uns nichts zu schlichten“. Seit Juli wolle man mit der Bahn AG über Löhne, Arbeitszeit und Schichtregelungen für das Zugpersonal verhandeln, und “bis heute verweigert das Management diese Verhandlungen“.
Klare Kante auch beim Thema „Tarifeinheit“. Er frage sich schon lange, „warum die Politik jetzt von den Gewerkschaften Tarifeinheit einfordern will, von den Unternehmerverbänden aber nicht“, so Weselsky. Die würden sogar damit werben, dass man auch ohne Tarifbindung Mitglied werden könne. Dagegen habe gerade die GDL dafür gesorgt, dass fast alle privaten Konkurrenten der Bahn AG im Güter- und Regionalverkehr inzwischen an einen Flächentarifvertrag angebunden sind – und zwar nicht nur für Lokführer, sondern auch für Zugbegleiter.
Außer dämlichen Fragen, wie z.B. warum gerade er als Ostdeutscher mit seinem Streik die Feiern zum 25.Jahrestag des Mauerfalls in Berlin beeinträchtigen wolle, fiel den „Qualitätsjournalisten“ der anwesenden Leitmedien nicht mehr viel ein. Und prompt geht die Hetze weiter. „Man möchte den GDL-Bonzen teeren, federn und aus dem Land jagen“ zitiert die Welt genüsslich aus „sozialen Netzwerken“. Doch es gibt Lichtblicke, wie z.B. Max Uthoff in der „Anstalt“ (ZDF).
Deswegen nochmals, ganz platt und altbacken: Solidarität mit der GDL ist das Gebot der Stunde.
Ich unterstütze den GDL-Streik! Streik ist eins der letzten Rechte, die in dieser Republik den Arbeitern zur Verfügung stehen, um Änderungen in ihrer Arbeitswelt zum Positiven hin zu erlangen. Wenn wir jetzt weiter zusehen, wie dieses Recht verhöhnt, auseinandergenommen und verunglimpft wird, dann sind wir wieder einen Schritt weiter auf dem Weg in eine kriegerische despotische Zukunft.
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Mir liegt es nach wie vor fern, Solidarität mit einer Gewerkschaft zu üben, die das Prinzip der Einheitsgewerkschaft schwächt und außerdem Mitglied im reaktionären Deutschen Beamtenbund ist.
Nichtsdesdotrotz sind die Hetzjagd der “bürgerlichen” Presse auf Weselsky und die geplanten Streikrechtsänderungen schärfstens zu verurteilen. Als Person ist ihm meine Solidarität sicher, seiner Organisation aber nicht.
Auch der Deutsche Beamtenbund hat sich übrigens gegen die GdL posizioniert. Die haben ihr Statement in einer ziemlich dummen Pressemitteilung veröffentlicht.
Einheitsgewerkschaften sind meistens gross und tun nicht wirklich ihre Mitglieder vertreten, sondern zehn Hand in Hand mit den Arbeitgebern. Totschlag Argumente: Betriebsgrößen und Arbeitsplatz Rettung. Das machen die grossen Gewerkschaften schon seit 15 Jahren so und seit 15 Jahren gibt es deswegen real auch eine Lohnzuwächse mehr in Deutschland!
Das sogar die grosse “Gewerkschaft” DGB in den “Qualitätsmedien” gegen die kleine GdL gehetzt hat, ist offensichtlich. Den grossen laufen die Mitglieder davon und sie verlieren Legitimation und Macht.
Und die sog. “freien” deutschen Propagandamedien drucken die Hetze fleissig, weil dem DGB die Mitglieder natürlich schaarenweise weglaufen, da Alles was sich gegen die Arbeitnehmer richtet, in den letzten Jahren eigentlich nur noch klanglos von den grossen Gewerkschaften in den Aufsichtsräten abgeknickt wurde.