Fragen für die Zeit nach “Charlie”

Wir alle, von Angela Merkel und dem Vorstand der Deutschen Bank bis zum Hartz-IV-Empfänger, waren schon mal Papst, später dann Fußball-Weltmeister und sind jetzt halt Charlie. Der Pseudo-Empathie-Hype um die ermordeten Mitarbeiter einer französischen Satire-Zeitung verraucht langsam, und jeder geht wieder seinem Job und hoffentlich auch seinen Gedanken nach – und das wird auch langsam Zeit.

Für jene Menschen – ich zähle mich dazu – die sich dem Eintreten für soziale Emanzipation und der entsprechenden Umverteilung der Ressourcen verpflichtet fühlen, stellen sich komplizierte Fragen, auf die ich teilweise noch keine schlüssige Antwort habe. Da haben es Menschen mit geschlossenen Weltbildern wesentlich einfacher.

Zu den Fragen:

1.) Wie gehen wir mit Religionen um, wo setzen wir die Grenzen der Religionsfreiheit? Wieviel staatliche Repression ist notwendig und für uns akzeptabel, um diese Grenzen durchzusetzen?

2.) Gibt es in den westlichen kapitalistischen Gesellschaften zivilisatorische und (rudimentär) demokratische Werte und Institutionen, die es ohne Wenn und Aber zu verteidigen gilt?

3.) Wie stehen wir dazu, IS, Al Qaida und und ähnliche hochgefährliche Wahnsinnige mit allen verfügbaren militärischen Mitteln auszuradieren? Können wir akzeptierern, dass es dazu nicht nur heldenhafter kurdische Milizen bedarf, sondern auch der massiven Unterstützung imperialistischer Mächte – denn nur die verfügen über die entsprechenden militärischen Mittel.

Um die schmerzliche Debatte über diese und viele andere Fragen kommt man wohl nicht herum, wenn man weiter ernsthaft für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, Unterdrückung, soziale Marginalisierung und Krieg eintreten will. Und das müssen wir – ebenfalls ohne Wenn und Aber.

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