Vergesst Kreuzberg: Der Flammkuchenhammer hängt in Moabit

Man kann von der halbgentrifizierten Moabiter Markthalle halten was man will, aber flammkuchentechnisch hängt dort seit einigen Tagen der Hammer, jedenfalls Berlin betreffend. Während in einschlägigen Kreisen noch immer die belegten Teigfladen Elsässer Art im Kreuzberger Szene-Touristen-Tempel „Kuchen-Kaiser“ höchste Wertschätzung genießen, wird bei „Rosa Lisbertdemonstriert, wie es eigentlich sein sollte.

Ohne ordentlich Power im Ofen wird das nichts

Ein klassischer Elsässer Flammkuchen ist eigentlich eine Art Fastfood, die einst von Pizza-sozialisierten italienischen Arbeitsmigranten ins Elsass eingeführt wurde und dort im Laufe der Zeit seine regionaltypische Prägung erhielt. In Moabit wird dies auf höchstem Niveau zelebriert. Drei Minuten dauert die Zubereitung: Hefeteigball (200 Gramm) in die Teigpresse, die einen millimeterdünnen Fladen ausspuckt. Der wird quadratisch zugeschnitten, mit Schmand bestrichen, sowie (in der klassischen Variante) mit Zwiebeln und Speck belegt und ab damit in den Ofen. Bei Rosa Lisbert ist dies ein aufwändig gemauertes Unikat, das mit Buchenholz beheizt wird und Temperaturen bis zu 450 Grad entwickelt. Wichtig ist, das die Flammen stets ein wenig um den Fladen züngeln. Anschließend kommt dieses kross-knusprige Leckerli auf einem Holzbrett serviert auf den Tisch. Wer schon mal das „Vergnügen“ hatte, eines der üblichen pappigen, suboptimal belegten Exemplare zu verspeisen, wird das zu schätzen wissen. Und auch “Kuchen-Kaiser“ (sorry, liebe Kreuzberger) kriegt das so nicht hin.

Natürlicher Verbündeter des Flammkuchens ist Weißwein aus dem Elsass. Da kommen wir zu einem kleinen Schwachpunkt der Location. Elsässer Weine gibt es dort derzeit nur als ganze Flaschen. Nur zwei offene Weißweine stehen auf der Karte. Die spritzig-säurefrische Südpfälzer Cuvée aus Riesling und Silvaner ist zwar durchaus bekömmlich, hat aber bei einem Flammkuchen nichts zu suchen. Und die trockene Grauburgunder Spätlese (ebenfalls aus der Südpfalz) erschien mir mit sechs Euro für 0,1 Liter preislich arg überambitioniert.

So und nicht anders hat ein Flammkuchen auszusehen

 

Doch „Rosa Lisbert“ ist Work in Progress, sowohl was die Speise- als auch die Weinkarte betrifft. Erstere soll schrittweise um elsässische Spezialitäten erweitert werden, vom Coq au vin bis hin zu mehrgängigen Menüs. Auch die von Tierschützern eher verdammte Foie Gras (Gänse- oder Entenstopfleber) wird ihren angemessenen Platz erhalten, schließlich haben die beiden Gastrononen Lisa Meyer und Robert Havemann genug Elsass-Credability, und auch ihr Chefkoch Dennis Lennartz ist nicht dafür bekannt, halbe Sachen zu machen. Doch der Flammkuchen wird in der Lokalität stets eine wichtige Rolle spielen, was angesichts seiner herausragenden Qualität auch unbedingt sein muss.

Rosa Lisbert findet man in der Moabiter Markthalle (Arminiusstraße 2-4, nahe U-Bahnhof Turmstraße) Öffnungszeiten derzeit Montag bis Sonnabend 17-22 Uhr. Ab August soll es auch einen Mittagstisch geben

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