Die Hitze macht viele anscheinend „malle im Kopp“ wie der Berliner sagt. Meistens ist das nicht so schlimm. Doch man muss sich schon wundern, wenn ein linientreuer kommunistischer Wissenschaftler in meiner Kiezkneipe einen ausgibt, weil der Fleisch gewordene massenkulturelle Alptraum Helene Fischer ihren Geburtstag hat. Oder wenn in besagter Kneipe an selbigem Tag extrem saure und zähe „Bismarkfilets“ serviert werden, die selbst bei den anwesenden Geschmacksprimaten den Ruf nach der Geschmackspolizei laut werden ließen.
Auch den verholzte Cote du Rhone, den der trotzkistische Bürokrat am Wochenende zum Wandlitzer Grillgelage beisteuerte, kann unter der Rubrik „zu befürchtende Geschmacksverirrung“ verbucht werden. Und dass es auch mit dem nächsten angekündigten Termin für die Eröffnung des neuen Berliner Flughafens (Ende 2017) wohl nichts werden wird, ist eher unter „spezieller Berliner Humor“ einzuordnen.
Überhaupt nicht lustig ist dagegen der hilflose bis menschenverachtende Umgang mit den vielen und stetig mehr werdenden Flüchtlingen, die nach Berlin (und anderswo) kommen. Anscheinend hat niemand einen Plan. Die im linken bis linksradikalen Spektrum gerne verbreitete Losung von den „offenen Grenzen“ und dem „Bleiberecht für Alle“ klingt zwar ausgesprochen weltoffen und humanistisch, ist aber in der Konsequenz das genaue Gegenteil. Darüber mag in diesen Kreisen aber kaum jemand offen reden. Auf der anderen Seite werden liberal verbrämte bis offen reaktionäre Abschottungsmodelle diskutiert, statt erst Mal eine vernünftige Infrastruktur für die Betreuung, Beratung und Unterbringung der Flüchtlinge zu sorgen. Wer beispielsweise angesichts der Verfolgung von Sinti und Roma in diesen Ländern die Idee propagiert, Albanien, das Kosovo und Montenegro pauschal als „sichere Staaten“ einzustufen, ist ein Verbrecher oder hat sie nicht mehr alle. Preisfrage: Was trifft auf Winfried Kretschmann, den grünen Ministerpräsidenten von Baden Württemberg, zu?
Egal wie es genau weiter geht: Die globalen Flüchtlingsströme werden Deutschland und Europa nachhaltig verändern. Zum Jammern gibt es keinen Grund: Deutschland und seine Verbündeten haben diese Flüchtlingsströme mit ihrer Außen- und Wirtschaftspolitik, aber auch durch unsere Konsumgewohnheiten unmittelbar generiert. Jetzt muss ich die Gesellschaft darüber verständigen, wie damit umzugehen ist. Und dabei geht es beileibe nicht um große abstrakte Diskurse sondern um das Wie und Was, hier, heute und konkret. Denn sie sind da und es werden immer mehr. Sie beanspruchen Ressourcen, die wir im Prinzip haben, wenn auch nicht unbegrenzt: Geld, Platz, Arbeit, Ausbildung, medizinische Versorgung, aber auch Immaterielles wie Empathie, Akzeptanz und Perspektive Aber wollen wir wirklich teilen? Und wenn ja, wie viel? Doch diese Fragen hat unsere Mehrheitsgesellschaft bereits im Umgang mit der „autochthonen Armut“ auf ähnlich deprimierende Weise beantwortet, wie beim Umgang mit den „faulen Griechen“.
Es wird sich jedenfalls zuspitzen, weil sich keiner mehr wegducken kann. Und das ist trotz aller Komplexität und allen Unwägbarkeiten auch kein Grund für Panik oder Trübsal, sondern eine riesige Chance für uns alle. In diesem Sinne jetzt erst Mal Schluss mit dem Thema. Auf mich warten schließlich ein Salat und eine Süßspeise aus selbst geernteten Gurken, Tomaten und Zwiebeln bzw. Wildpflaumen. Und später noch ein unverholzter italienischer Rotwein.