Die letzte Tomate

Es ist soweit. Auf dem Teller liegt die letzte Tomate des Jahres. Als ich sie vor mehr als zwei Wochen vom fast schon verdorrten Strauch aus meinem Beet in Wandlitz holte, war sie noch grün mit leichten orangenen Einsprengseln, Ich habe sie nachreifen lassen und werde sie bald essen, mit Salz, Pfeffer, gehackten Basilikumblüten und etwas Olivenöl. Dazu eine Scheibe korsischer Schafskäse.

Das war’s dann bis zum nächsten Mai oder Juni.

Das mit der letzten (frischen) Tomate (in diesem Jahr) meine ich vollkommen ernst. Ich kaufe keine Treibhaustomaten und auch keine aus Afrika. Auch nicht ausnahmweise, sondern gar nicht. Seit ich meinen Garten in Wandlitz bewirtschafte, habe ich doofer Städter endlich ein Gefühl für Regionalität und Saisonalität von Obst und Gemüse bekommen. Mein eigenes Beet, aber auch der kleine Biohof in Wandlitz und die Tische der Hobbyanbauer mit der „Kasse des Vertrauens“ sind ein ausgezeichneter Wegweiser. Derzeit werden außer Kürbis vor allem Kartoffeln, Möhren, Pastinaken, Petersilienwurzeln, Rote Bete, Rotkohl, Walnüsse und Äpfel angeboten.

Zurück zur Tomate. Sie wird der krönende Abschluss eines tollen Tomatenjahres. Nachdem im vergangenen Jahr die Braunfäule bei mir wütete, haben sich alle Pflanzen diesmal hervorragend entwickelt, von der kleinen gelben Cherrytomate bis zur großen Fleischtomate. Wochenlang habe ich fast jeden Tag in irgendeiner Form Tomaten zu mir genommen; einfach so zum Naschen, als Salat, geschmort, als Soßenbestandteil oder auch als frisch gepresster Saft – es ist nie langweilig geworden.

Doch nach dieser Tomate ist Schluss, bis es die ersten europäischen Freilandtomaten gibt. Meinen winterlichen Bedarf decke mit der einzigen Konserve, mit der ich mich reichlich bevorratet habe: „Pelati non Pelati“ (ungeschälte Tomaten im eigenen Saft mit Salz, Basilikum und einem Schuss Limonensaft) von der Bio-Fattoria La Vialla.

Manch einer sieht meine saisonaleTomaten- (oder auch Erdbeeren-) askese als fundamentalistisch-sinnlosen Verzicht an. Aber für mich ist die Abkehr von der totalen Beliebigkeit des Obst- und Gemüsekonsums kein Verzicht, sondern ein großer Gewinn. Ich freue mich schon auf die erste Tomate, die ich dann mit großem Genuss verspeisen werde. Und nicht vergesen: in sechs Monaten gibt’s schon wieder Spargel!

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