Nein, ich bin nicht erleuchtet. Zwar habe ich heute die „Heilige Pforte“ durchschritten, die in der Paulus-Gemeinde bei mir um die Ecke in Berlin-Moabit anläßlich des „Jahres der Barmherzigkeit“ geöffnet wurde, aber die vom anlässlich dieses Events anwesenden Erzbischof Koch avisierte „Versöhnung mit Gott“ fand irgendwie nicht statt.
Ohnehin wirkte das Ganze auf mich eher wie ein Kostümfest. Der lustig gewandete Bischof wechselte während seiner kurzen Showeinlage mehrmals Kopfbedeckung und Umhang und hantierte mit diversen merkwürdigen Gegenständen ohne erkennbaren Nutzwert. Auch sein Tross erinnerte an karnevalistische Umzüge. Für das „Jahr der Barmherzigkeit“ offeriert das zuständige Eventmanagement in Rom Gläubigen sogar einen „Jubiläumsablass“, wenn sie „Bußwerke vollbringen“ und „Brüder und Schwester, die sich in Not oder Schwierigkeiten befinden, besuchen und dabei gleichsam zu Jesus pilgern“.
Knapp 1000 Leute hatten sich zu dieser Katholen-Sause eingefunden. Das Rahmenprogramm war allerdings enttäuschend – keine Orgel, kein schmetternder Chor, sondern nur beten und verhaltene Gesänge. Und auf dem Kirchhof gab’s nur Glühwein, der noch dazu so fürchterlich roch, dass ich mir eine Probe verkniffen habe.
Nun ist das in einer Großstadt wie Berlin wahrlich nicht der einzige obskurantische Mummenschanz auf dem Partykalender. Und immerhin hat Moabit die einzige „Heilige Pforte“ (bei der es sich um einen Nebeneingang der Kirche handelt) der Hauptstadt zu bieten. Ein Jahr lang wird sie an drei Tagen in der Woche für einige Stunden geöffnet sein, es werden zahlreiche Pilger erwartet. Und das ist eigentlich das Einzige was mir Sorgen macht, denn was wir in Moabit nun wirklich nicht brauchen, sind Scharen frömmelnder Pilger, noch dazu vor meiner Haustür.