Ein Sauvignon Blanc aus Franken: Leider geil.

Eigentlich bin ich ja kein sonderlich geeigneter Sauvignon-Blanc-Tester. Ich kann mit dieser Rebsorte in der Regel wenig anfangen. Abgesehen von ein paar ausgeprägt „steinigen“ Knallern von der Loire und aus der Steiermark ging der Daumen meistens runter. Vor allem die nervige Stachelbeer- Holunder-Grapefruit-Katzenpisse-Primärfrucht empfinde ich als nahezu obszön, und wenn das alles dann noch mit reichlich Holz verquirlt wird, beginnt schon fast der Magen zu rebellieren.

Natürlich hat auch diese Weltweinseuche keinen Bogen um Deutschland gemacht. Im Gegenteil: Sauvignon Blanc gehört zu den Shootingstars in der Rebsortenstatistik. Die Leute verlangen das und man müsse halt mit der Zeit bzw. dem Markt gehen, hört man von vielen Winzern zur Begründung. Ein Önologe aus einer Lehr- und Forschungsanstalt hat mir mal erzählt, die Winzer kämen mit einem SB aus Neuseeland an und dem Wunsch: „So einen will ich auch machen“. Und das geht auch.

Dennoch steht jetzt ein Sauvignon Blanc aus Franken auf dem Tisch, sozusagen ein geschenkter Gaul, dem ich in Abwandlung des alten Sprichworts unbedingt ins Maul schauen will. Sei es auch nur, um alle meine Vorurteile bestätigt zu finden.

Dieser Wein braucht nicht nur Zeit….

Da mich bei Wein hauptsächlich das Zusammenspiel mit Speisen interessiert, fragte ich die Gemeinde, was man denn da so brutzeln könnte. Einleuchtend erschien mir die Idee mit den Pulpos, die ich mit Limettenzesten, Chili, Knoblauch und Meersalz marinierte. Dazu Kapernreis.

Zurück zum Wein. Der Flasche entströmt zunächst eine mächtige Holzwolke. Nach 20 Minuten der erste schüchterne Probeschluck. Es ist das befürchtete Desaster. Holz, Vanille und ein aufdringlicher, undifferenzierter Aromencocktail, ziemlich grün, ein bisschen Zitrusfrucht und eine Überdosis Nelke.

Schönen Dank auch! Also erst mal schnell die Welt retten (Treffen mit meiner Moabiter Mietergruppe) und dann weiter sehen. Natürlich habe ich vorsichtshalber eine „Notflasche“ im Kühlschrank deponiert, einen soliden Weißburgunder. Aber noch wollte ich den 2014er Großlangheimer Kiliansberg, Sauvignon Blanc trocken „Brodacker“ vom Patrizierhof nicht wegschütten.

Und das war auch gut so, denn im Glas war jetzt ein völlig anderer Wein. Das zunächst dumpfe Holz ging jetzt in die feine-nussige Richtung, aus den grünen Noten wurden dezente Gemüsearomen, die knackige Säure spielte mit den Zitrusfrüchten und einer Spur (nicht süßer) Papaya, alles unterlegt mit ein wenig Rauch, Erde und Salz. Am Gaumen liegt er dann ausgesprochen dicht und schmelzig, die schlanken 13% Alkohol stehen dem Brodacker dabei ausgesprochen gut.

…sondern auch einen kongenialen Partner

Ab in die Küche, denn mittlerweile war klar, dass die Sache mit den marinierten Tintenfischen und diesem Wein das Zeug für eine große Genussgeschichte hatte. So war es dann auch, und in der Kombination mit Salz, den Limettenzesten und ein wenig Schärfe wurde der Brodacker immer besser.

Meine generelle Skepsis gegenüber den Sauvignon-Blanc-Boom in Deutschland ist damit keineswegs weggeblasen. Doch das ist ein richtig guter, fast schon großer Wein. Kein SB-Opportunist, sondern ein gelungenes , individuelles fränkisches Statement zu diesem Thema.

Kommen wir zum Preis. 28 Euro sind – sagen wir mal – ambitioniert. Es ist eine Kategorie, in der es nicht mehr um „Wert“ oder „Qualität“ geht,, sondern um Marketing und Imagetransfer. Im Preisgefüge des Patrizierhofs ist der Brodacker (abgesehen von einer Beerenauslese) der deutliche Ausreißer. Wenn der Winzer diesen Preis am Markt durchsetzen kann, sei es ihm herzlich gegönnt. Wer es sich leisten kann, erhält jedenfalls einen recht spannenden Tropfen, der nicht nur großen Genuss, sondern auch ein wenig Horizonterweiterung zum Thema Sauvignon Blanc bietet.

Den 2014er Großlangheimer Kiliansberg, Sauvignon Blanc trocken „Brodacker“ gibt es für 28 Euro ab Hof

 

 

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