Es ist nicht Ehrenrühriges, wenn sich Zeitungen angesichts sinkender Erlöse im Kerngeschäft um zusätzliche Einnahmen bemühen. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn dies in Form von „Weinclubs“ geschieht. Der Kunde wird dort zu einem Festpreis regelmäßig mit gemischten Weinkisten beliefert.
Es ist schon erstaunlich, was einfachen Weinen von PR-Profis so alles an edler Herkunft angedichtet wird
Mit Speck fängt man Mäuse, und daher muss man den eigenen Laden hin und wieder mit Lockangeboten in Schwung bringen. Und so bietet der „Welt am Sonntag Wein Club“ als Einführungsangebot für Neukunden derzeit eine Kiste mit 5×3 „exklusiven Rotweinen“ nebst dem recht nützlichen „Handbuch Wein“ aus dem renommierten Hallwag Verlag für 59 Euro (+Versandkosten) an. Ein oberflächlicher Blick auf die offerierten Tropfen macht jedem einigermaßen Weinkundigen deutlich, dass man bei diesem Schnäppchen nicht allzu viel falsch machen kann, und man erhält für durchschnittlich vier Euro pro Flasche tatsächlich zumindest unfallfrei und teilweise sogar mit Genuss trinkbare Rotweine aus Portugal, Spanien und Frankreich.
So weit so gut, schließlich kann man seine „Mitgliedschaft“ in dem Club auch sofort wieder kündigen. Was man auch tun sollte, denn bei künftigen Lieferungen ist das Preis-Leistungsverhältnis deutlich ungünstiger.
Ärgerlich ist allerdings, dass der Weinclub des Springer-Blattes auf die branchenübliche Verbraucherverdummung und Rosstäuscherei setzt. Als Aushängeschild hat man den bekannten Weinpublizisten Beat Koelliker eingekauft, der nebenbei auch noch Präsident des großen Weinvertriebs Chateau Direct ist. Koelliker erklärt dem „lieben Weinfreund“ in seinem Anschreiben jedenfalls, dass es sich ausschließlich um „handwerklich und mit großer Leidenschaft erzeugte Weine aus kleinen Weingütern“ handele und man „anonymen Massenprodukten keine Chance“ gebe. Der Club offeriere „besondere“ oder gar „herausragende“ Qualitäten, die normalerweise nicht in den Handel gelangten, und für all das „bürge ich persönlich mit meinem Namen“, so Koelliker. Naja, seit Barschel, Helmut Kohl und Christian Wullf sollte sich rumgesprochen haben, was derartige “Ehrenworte” hierzulande (und auch anderswo) wert sind.
Machen wir es kurz: Alle Weine des Pakets stammen entweder von großen Genossenschaften oder aus Großkellereien. Teilweise sind es schlichte Massenabfüllungen, die unter bestimmten Markennamen vertrieben werden. Zum Marketing gehört dabei, dass jeweils ein in Szenekreisen bekannter önologischer Superstar als „Schöpfer“ des jeweiligen Weines präsentiert wird – der übliche PR-Klamauk halt. Wie gesagt: Die Weine sind einigermaßen regional- bzw. sortentypisch und „modern“ vinifiziert, was neben durchaus gefälligem Geschmack und starker Fruchtbetonung leider auch den Trend von Alkoholstärken bis zu 14,5 Prozent bedeutet. Doch genießbar und preiswert hin oder her: Man sollte Unternehmen, die einen derart für dumm verkaufen wollen, wohl lieber die kalte Schulter zeigen. Wer sich noch nicht in die Welt des Weines vertieft hat, sollte lieber den Händler seines Vertrauens aufsuchen, dort ein bisschen probieren und sich beraten lassen.