So sollte es derzeit auf Brandenburgs Spargelfeldern aussehen. Tut es aber nicht!
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So langsam mache ich mir Sorgen. Denn dem unterirdischen Wetter droht das neben der jährlichen Austern-Elbling-Vergleichsverkostung wichtigste gesellschaftliche Ereignis in Wandlitz-Stolzenhagen zum Opfer zu fallen. Seit Jahren wird dort am 1.Mai der Kampftag des Spargelschälers zelebriert. Auf der ordnungsgemäß beflaggten Terrasse des Genossen Balcerowiak finden sich dort stets Trotzkisten, Stalinisten, freischwebende Linksradikale und sogar bürgerlich-liberale Elemente ein, um gemeinsam Brandenburger Spargel zu mampfen und dazu beträchtliche Mengen angemessenen Weißwein zu vertilgen. Anschließend gibt es in der Regel noch Merguez von meinem Lieblingstürken nebst einigen Gläschen Lemberger. Eröffnet wird das Gelage traditionell mit der Deklamation meiner 1.Mai-Hymne:
Wie immer geht mir am 1.Mai
Die Arbeiterklasse am Arsch vorbei.
Denn da will ich Spargel schälen
Und muss mich nicht mit Bratwurst quälen
Viel mieses Bier trinkt der Prolet
Doch das ist für mich obsolet
Ich gönn’ mir lieber edle Weine
Und pfeif’ auf’s DGB-Gegreine
Auch deren Liedgut ist sehr schwach
Ich steh’ da eher auf den Bach.
Der Klassenkampf hat heute Pause
Ich feier’ lieber eine Sause
Doch in den Medien wird bereits Alarm geschlagen. “Ich kann mir vorstellen, dass es vor Mai keinen Spargel gibt”, sagte die Landwirtin Michaela Denissen aus Wöbbelin (Landkreis Ludwigslust-Parchim) am Dienstag der Welt. Der Dauerfrost hat es bisher in vielen Betrieben unmöglich gemacht, Dämme zu pflügen und Folien auszulegen. Zwar gibt es auch Höfe, die ihre Spargelflächen regelrecht heizen, doch man ahnt, was der erste Spargel dann kosten wird.
Doch nicht nur die Spargelversorgung könnte zum Problem werden. Das Grundstück selber befindet sich noch in tiefem Winterschlaf. Den ständig vermeldeten meteorologischen Superlativen über die abnorm lange Kälteperiode kann ich einige subjektive Ergebnisse hinzufügen. Bereits Mitte März hatte ich bislang stets das Wasser wieder angestellt, das Beet umgegraben, alles geharkt, gefegt und geputzt, Kammer und Kühlschrank gefüllt, den Grill eingeweiht, Salate ins Frühbeet gesetzt usw. Und diesmal? Nichts, nichts, nichts – außer teilweise gefrorenen Maulwurfshügeln.
Doch der 1.Mai ist zu wertvoll, um ihn kampflos den Launen der Natur zu opfern. Notfalls setze ich mich ganz alleine in Thermokleidung auf die Terrasse, knabbere an drei Stangen Brandenburger Spargel, die ich zuvor für zehn Euro erstanden habe und trinke dazu halbgefrorenen Weißburgunder. Irgendwie muss man sich ja gegen den Wetterterror wehren. Und schließlich hat die internationale Arbeiterklasse noch ganz andere Mühen auf sich genommen, um ihren Kampftag angemessen zu feiern.
Ich hab’s ja schon immer befürchtet: Dein Abschied von der “Jungen Welt” hat dich schnurstracks ins Lager des Klassenfeindes geführt.
Lassen wir das. Aber welchen Weißburgunder würdest Du denn in diesem Jahr zum Spargel empfehlen?
Kann ich leider noch nicht sagen, da ich bislang zu wenig vom aktuellen Jahrgang probiert habe. Bin aber auf einer ganz anderen Spur: Roter Veltliner vom Weingut Kolkmann (Wagram/Österreich) Keine Angst, ich bin nicht durchgeknallt und trinke jetzt Rotwein zum Spargel. Roter Veltliner ist eine seltene Weißweinsorte, leicht erdig und kräuterig. Erinnert ein wenig an Silvaner. Wird weiter studiert!!
Zum Therma Klassenfeind sei gesagt: “Kein Arbeiterstaat-ohne guten Kartoffelsalat”.
oder auch: “Sozialismus und vernünftiger Wein – das soll unsere Losung sein”.
Genosse Balcerowiak! Nicht nur profan dichten, sondern die Losungen auch unters Volk bringen. Du bist doch gelernter Maoist! Ich erwarte Dich am 1. Mai zur 18 Uhr-Demo mit eigenem Transparent! Hoch die Elbling-Internationale!
Im Prinzip richtig. Aber “Internationale”? Elbling gibt es leider nur in kleinen Teilen Deutschlands und in Luxemburg.
ach, und lothringen zählst du auch zu deutschland?
Falls es dir gelingt, mir auch nur einen einzigen Elbling aus Lothringen auf den Tisch zu stellen, können wir gerne die Debatte über den völkerrechtlichen STatus dieser Region aufnehmen.
Das ist schwierig, da die französische Weingesetzgebung den Neuanbau von Elbling-Rebstöcken im Anbaugebiet Moselle verbietet. Ist das europarechtskonform? Warum wurde auf diesem Blog über diesen Skandal nicht längst berichtet?
Ich gratuliere zu dieser hervorragenden Rechercheleistung! Natürlich ist das EU-rechtskonform, und das ist auch gut so. Wäre ja noch schöner, wenn die STaaten ihre Weinkultur nicht autonom gestalten könnten. Schließlich haben wir dieser Tatsache auch zu verdanken, dass Dornfelder in Luxemburg verboten ist.