„Was in der Provence zum Alltag gehört, macht auch im „Ländle“ Vergnügen. Dieser Wein eignet sich hervorragend als Einstieg in den Abend und wenn man bei ihm hängen bleibt, dann wird es ein schöner Abend.“
Diese Werbebotschaft der Kellerei Kern klingt eher altbacken und passt überhaupt nicht zu dem modernistischen sündteuren Klotz, den das Unternehmen vor kurzem als neues Domizil in einem Fellbacher Gewerbegebiet gebaut hat. Doch es gehört nun mal zu den Traditionen des Deutschen Weininstitutes, dass auf seinen Pressereisen auch Tiefpunkte der deutschen Weinkultur auf dem Programm stehen.
In meiner persönlichen Hitliste der schrecklichsten Weine hat sich die Kellerei jedenfalls mit dem wie anfangs geschildert beworbenen „Roséwein halbtrocken 2011“ aus der „Streif“-Linie ganz nach vorne geschoben.
Ich hatte noch nie ein Getränk im Glas, das dermaßen penetrant nach aufgelösten Gummibärchen schmeckt und dabei eine tumbe Dumpfheit ausstrahlt, die selbst in Wasser aufgelöstes Brausepulver wie einen Gourmet-Trunk erscheinen ließe. Ich werde nie verstehen, wer so etwas kauft und vor allem warum er das tut. Auch erschließt sich mir nicht, wie dieses kaum an Wein erinnernde Gesöff die offizielle Weihe eines „Deutschen Qualitätsweines“ erhalten konnte. Und noch weniger kapiere ich, was sich die Kellereibetreiber dabei gedacht haben, als sie unserer Fachjournalistenschar nach einem Kurzbesuch ausgerechnet diesen Wein als Geschenk mitgaben.
Auch wenn es nur ein Mini-Probeschluck war hat es ausgereicht, um schlagartig schlechte Laune zu bekommen. Zumal es ohnehin nervt, auf dieser Erde offensichtlich von Wahnsinnigen umgeben zu sein. Und damit meine ich nicht nur jenes Brüderpaar, das den Bostoner Marathonlauf mittels zu Bomben umfunktionierter Schnellkochtöpfe in ein Inferno verwandelte. Auch „unsere“ EU-Parlamentarier in Straßburg gehören dazu, weil sie vor ein paar Tagen mal eben die Klimaschutzziele der EU beerdigt haben indem sie den Betreibern von Kohlekraftwerken einen Freibrief für CO2-Emissionen ohne Ende ausstellten. Schwer auf’s Gemüt schlägt auch der Hype um die neue „Protestpartei“ Alternative für Deutschland, die sich unlängst mit mit dem Publizisten Konrad Adam einen Sprecher wählte, der das Wahlrecht für Rentner, Arbeitslose und andere Empfänger staatlicher Leistungen abschaffen will. Dann hätten wir da noch einen glücklicherweise relativ bedeutungslosen Ex-Linken namens Jürgen Elsässer, der sich neben der fast täglichen militanten Ablehnung von Frauenrechten mittlerweile der These widmet, dass die Mitglieder des NSU-Terrortrios wahrscheinlich seit vielen Jahren gar keine Nazis mehr gewesen seien. Alles also ziemlich furchtbar, und dann noch die Bekanntschaft mit dem „Roséwein halbtrocken 2011“ von der Kellerei Kern.
Genuss ist bekanntlich Notwehr, und daher halte ich so gut es geht dagegen. Und das nicht nur für mich allein, sondern als unermüdlicher Streiter und Prediger für das Gute und gegen das Schlechte – sowohl politisch, als auch im Weinglas. Doch immer wieder gibt es herbe Rückschläge. Es mag viele gute Gründe geben, die Partei DIE LINKE nicht zu wählen, mir fallen spontan etwa 20 ein. Einer – wenn auch nicht der Wichtigste – ist das Treiben einer der „Wirtschaftskoryphäen“ dieser Partei. Damit meine ich nicht einmal seine sozialdarwinistischen Positionen zur Rentenpolitik sondern eine Mail, in der mich dieser sozialdemokratisch-trotzkistische Bürokrat allen Ernstes fragte, ob man zu Spargel nicht auch Lemberger trinken könnte.
Lemberger zu Spargel!!! Ein gerbstoffbetonter Rotwein mit deutlichen Beerentönen als Wein zu diesem zarten, leicht edelbitteren Gemüse. Was für ein Irrsinn. Und dieser Geisterfahrer wird bestimmt mal irgendwo Stadtrat oder gar Staatssekretär für DIE LINKE.
Morgen trinken wir tatsächlich Lemberger. Ein brutales Shoot-Out: Fünf gehobene Abfüllungen von Remstaler Winzern aus der „2.Reihe“ treten an, um ein Hirschgulasch zu begleiten, nur einer kann gewinnen. Der trotzkistische Bürokrat wird auch dabei sein. Ich werde ihm entweder holzigen griechischen Schrott-Spargel zum Lemberger servieren. Oder den „Roséwein halbtrocken 2011“ von der Kellerei Kern zum Hirschgulasch. Irgendwie muss man sich ja schließlich wehren.
Selbst trotzkistische Bürokraten sollten wissen, dass zu Spargel Weißwein gereicht wird! Am besten ein griechischer! Aber wieso korrespondiert der Staatssekretär in spe mit dem Elbling-Papst? Spekuliert da vielleicht jemand auf einen gut dosierten Posten als Hilfsadlatus im Weinbauministerium?
Hilfsadlatus im Weinbauministerium? Nee, wenn dann schon Volkskommissar für Weinkultur mit unbeschränkten Vollmachten