Wer sich ein bisschen in der Weinwelt rumtreibt, wundert sich irgendwann über gar nichts mehr. Der deutsche Markt ist heiß umkämpft, und so haben in vielen Weingütern und -gebieten längst Marketingstrategen und PR-Spezialisten das Ruder übernommen. „Jungwinzerinitiativen“ sollen frischen Wind suggerieren, die vom Deutschen Weininstitut initiierte „Generation Riesling“ tourt mit szenigen schwarzen T-Shirts durch die Lande, und das Anbaugebiet Nahe präsentierte auf der Fachmesse ProWein unter dem Motto „Nahe, Wein – Echte Typen“ gar eine waschechte Heavy-Metal-Band mit einem örtlichen Winzer als Leadsänger.. Da konnte das Projekt „ Die junge Pfalz – da wächst was nach“ mit schmierigen Bar-Rock nicht mithalten. Wein? Offenbar die schönste Nebensache der Weinkultur.
Immer mehr Betriebe werfen zudem klebrige, oft mit Kohlensäure versetzte Wein-Getränke auf den Markt, die angeblich „dem Lebensgefühl der jungen Generation entsprechen“. Aber ist die Jugend wirklich so scheiße wie derartiges Gesöff? Auch auf den „internationalen Stil“ wird unverdrossen gesetzt. Was man da manchmal zum Verkosten bekommt, ist ziemlich harter Tobak: Aufgeblasene Weißweine mit viel Alkohol ohne jegliche Frisch und Eleganz. Unschuldige badische oder pfälzische Grau- und Weißburgunder werden reihenweise mittels „moderner önologischer Verfahren“ auf chilenischen Chardonnay getrimmt, und wer nicht mitspielt muss zuweilen damit rechnen, von der „Fachpresse“ niedergemacht zu werden. Selbst für Riesling, den Inbegriff filigraner, facettenreicher Weine, wird mittlerweile ein „burgundischer Stil“ hochgejazzt, womit in der Regel hohe Alkoholwerte und kräftiger Einsatz von neuen Eichenfässern gemeint ist. Bloß wer braucht Riesling im „burgundischen Stil“.
Ganz schlimm ist es derzeit auch bei Roséweinen oder –sekten. So erzählte uns neulich eine Winzerin voller Stolz, dass ihr klebriges, recht teures Gesöff von der US-Fernsehserie „Sex in the City“ inspiriert sei. Aua! Verkosters Nigthmare war auch der im Keller offensichtlich schwer misshandelte Muskateller einer württembergischen Genossenschaft, der stark nach gesüsster nasser Pappe schmeckte. Auch der laut Vertriebschef natürlich als „Trendgetränk für jüngere Weintrinker und besonders Frauen“ konzipiert. Fragt man sich eigentlich nur noch, ob das jetzt sexistisch ist, weil Frauen per se ein unglaublich schlechter Geschmack zugeschrieben wird.
Das ist zwar alles sehr aufschlussreich, macht aber wenig (Trink)Spaß. Den sollte man aber besonders jetzt, wo der Frühling doch noch gekommen ist, haben. Und damit mir nicht wieder vorgeworfen wird, dass ich immer dieselben Winzer hype, kommt jetzt mal was ganz anderes. Blanc de noir ist aus Rotweintrauben gekelterter Weißwein. Häh?? Ganz einfach: Der Saft von Rotweintrauben ist hell, die Farbstoffe sind in den Schalen und müssen für die Rotweinbereitung extrahiert werden.
Nun wird von vielen Weinkennern zu Recht eingeworfen, dass es sich bei deutschem Blanc de noir ähnlich wie bei Rosé um eine Art Abfallverwertung minderwertiger Rotweinpartien handelt. Stimmt oft-aber nicht immer. Wer mal reinschnuppern will: Wunderbar frisch und klar kommt beispielsweise der Trollinger Blanc de noir „Brüssele“ von Graf Adelmann daher. Traubiger Trollinger-Touch meets ganz leichte Beerenfrucht und schöne Säure. Kostet trotz aristokratischer Herkunft auch nur 6,70. Also ungefähr die Hälfte vom „Sex in the City“-Sekt der beiden geschäftstüchtigen Jungwinzerinnen. Und schmeckt viieel besser.