Erfolgreicher Kampftag des Spargelschälers

Der Kampftag des Spargelschälers auf dem Landgut des Verfassers in Wandlitz-Stolzenhagen erfüllte wie immer aller Erwartungen. Kundige, klassenbewusste Proletarierhände hatten einige Kilo des zarten Brandenburger Edelgemüses bereits fachgerecht von seinen Schalen befreit, als die Gäste eintrafen. Darunter Redakteure und freie Mitarbeiter der linken Publikationen Junge Welt, Neues Deutschland und SoZ
sowie der bürgerlich-liberalen TAZ. Auch zwei Damen nichtjournalistischer
Profession waren anwesend.
Besonders für die Kollegen von der „jungen Welt“ war der Besuch im Chateau Balcerowiak mit erheblichen persönlichen Risiken verbunden, Fraternisierung mit dem Hausherrn nach dessen spektakulären Rauswurf aus dem heiligen Gral der linken Publizistik wird von der revolutionären Geschäftsführung nicht gerne gesehen. So manch Ex-Kollege, der mit ihm  beim Bier erwischt wurde, verbringt bereits einen längeren „Urlaub“ in einer abgelegenen Gegend Nordkoreas.
Doch der Kampf der Arbeiterklasse war schon immer nicht risikofrei. Wie dem auch sei:Beim Kampftag des Spargelschälers wurde zu (leider nicht ganz bissfest geratenem) Spargel, Kartoffeln, gebräunter Butter und einigen geeigneten Weißweinen der Stand der nationalen und internationalen Klassenkämpfe erörtert. Für den negativen Ausreißer sorgte ein aus Sachsen-Anhalt stammender Geschmacksprimat, der einen heimischen Wein (von der Saale) beisteuerte. Angeblich sollte es sich dabei um Weißburgunder handeln. Der inferiore Tropfen hieß – das ist kein Witz – „Schöne Aussicht“, löste jedoch eher die Assoziation zu einem Blick auf eine (Trauben)Müllhalde aus.
Einwandfrei dagegen der mineralisch-klare Saar-Riesling vom VDP-Weingut
Dr.Wagner mit seinen angenehm schlanken 11%Alkohol, den der bürgerlich-liberale
TAZ-Kollege beigesteuert hatte. Unumstrittener Spargel-König ist in der Saison
2013 allerdings der Rote Veltliner Scheiben vom Weingut Kolkmann aus der
Wagram-Region. Straffe Säure, steinige Noten und zarte Zitrus- und Kräuter-Töne
machen diese autochthone Rebsorte des Wagram (die übrigens nicht mit dem Grünen
Veltliner verwandt ist) zum natürlichen Verbündeten des Spargel. Entfernt
erinnert der Wein an fränkischen Silvaner der „alten Schule“, also knarzig-durchgegoren.
Der „Scheiben“ ist seine  8,20 Euro auf alle Fälle wert und sei jedem Spargelfreund hiermit wärmstens ans Herz gelegt.  
Beim 2.Gang (Merguez mit Tomaten-Löwenzahn-Salat nebst diversen Rotweinen) rückte dann die Organisationsfrage nebst diversen Hasstiraden auf die Partei DIE LINKE in den Mittelpunkt. Ausgerechnet der wegen seiner vielen baccantischen Fehltritte an dieser Stelle bereits des Öfteren gerüffelte trotzkistische Bürokrat konnte diesmal enorm punkten. Der von ihm präsentierte Babeasca Neagra aus dem rumänischen Danuba-Tal überzeugte mit seidigen Tanninen und einer ganz leicht bitteren, überreifen Piemont-Kirsch-Note. Wie gemacht für die Merguez-Würstchen. Dieser Ökowein ist für knapp sieben Euro in den meisten Läden der Bio Company erhältlich und hervorragend geeignet, nicht unberechtigte Vorurteile gegen rumänischen Wein ein wenig aufzubrechen.

 

Der Kampftag des Spargelschälers endete trotz mittlerer Trunkenheit wie immer friedlich und ohne gravierende Zwischenfälle. Fortsetzung folgt in einem Jahr     

Ein Gedanke zu “Erfolgreicher Kampftag des Spargelschälers

  1. Gelungener Artikel! So stelle ich mir die Verbindung von Wein+Politik vor.
    Den rumänischen Bio-Wein habe ich mir postwendend besorgt und mit großem Genuss getrunken. Man lernt nie aus.