Die juristische Auseinandersetzung über mein Arbeitsverhältnis bei der „Jungen Welt“ ist beendet. Nach fast zwei Jahren kam es am 20.August in der Berufungsverhandlung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu einem Vergleich, der nach Ablauf der Widerrufsfrist nunmehr rechtskräftig ist.
Im Herbst 2011 hatte ich nach erfolglosen Versuchen einer gütlichen Einigung Klage gegen den Verlag eingereicht, um meinen Status als Angestellter feststellen zu lassen und meine Entlohnung auf Sittenwidrigkeit überprüfen zu lassen. Zuvor hatte mir der Geschäftsführer ein „Angebot“ für einen regulären Arbeitsvertrag unterbreitet, der eine Entlohnung von 1890 Euro Brutto für eine Vollzeittätigkeit als Redakteur vorsah und dessen Annahme für mich erhebliche Einkommensverluste bedeutet hätte. Das wollte ich nicht akzeptieren. Am 8. Dezember 2011 erhielt ich nach über 12 Jahren Tätigkeit schlagartig Hausverbot bei der jW, wenig später die Kündigung.
Der Vorgang hatte seinerzeit für teilweise heftige Debatten auf Duckhome und anderen Blogs gesorgt.
In der ersten Instanz gab das Arbeitsgericht meiner Statusklage statt und stellte ein weiterhin bestehendes Arbeitsverhältnis fest. Gegen dieses Urteil legte der Verlag 8.Mai, der die jW herausgibt, Berufung ein. Meine Klage auf angemessene Entlohnung wurde hingegen unter Hinweis auf einen von ver.di abgeschlossenen Haustarifvertrag bei jW abgewiesen. Mit diesem Vertrag werden Vergütungen legitimiert, die bis zu 60 Prozent unter denen des einschlägigen Flächentarifvertrages liegen. Man könne schließlich „keiner Gewerkschaft verbieten, schlechte Tarifverträge abzuschließen“ argumentierte seinerzeit der Richter. Leider, möchte man hinzufügen.
In der Berufungsverhandlung deutete sich an, dass die Richterin ein Arbeitsverhältnis als bestehend ansah. Mit dem geschlossenen Vergleich wurde der Rechtsstreit ohne Urteil beendet, über den Inhalt der Vereinbarung wurde auf Wunsch des Verlages Stillschweigen vereinbart.
Ich danke meiner Gewerkschaft, dem Deutschen Journalistenverband (DJV), der mir für die Auseinandersetzung Rechtsschutz gewährte. Andernfalls wäre das Kostenrisiko für einen derartigen Prozess für mich viel zu hoch gewesen. Ich danke auch jenen Medienschaffenden, die mir nach dem plötzlichen Hausverbot durch Aufträge eine „weiche Landung“ im Feld der freiberuflichen Publizistik ermöglichten. Und ich danke jenen Ex-Kollegen bei jW, die mir trotz der aufgeheizten Stimmung und der im Betrieb und in der Zeitung kolportierten Verschwörungstheorien ein gewisses Maß an Verständnis und Solidarität entgegen brachten. Ein kleines Abschiedsgelage ist bereits in Vorbereitung…..
Ich bin und bleibe mit Leib und Seele Journalist. Derzeit schreibe ich unter anderem regelmäßig für das Neue Deutschland, das Mieterecho, das Magazin Lunapark und Gewerkschaftspublikationen, sowie gelegentlich für andere Zeitungen, Zeitschriften und Blogs. Im Herbst erscheint bei Gräfe&Unzer/Hallwag ein weiteres Weinbuch, das ich gemeinsam mit Manfred Klimek („Captain Cork“) verfasst habe.
Ich bin froh, dass die leidige jW-Geschichte endlich vorbei ist. Ich lese die Zeitung nur noch äußerst selten, weil sie mir – von wenigen Ausnahmen abgesehen – schlicht zu langweilig, zu irre oder einfach nur zu schlecht ist. Gewisse Personalwechsel der vergangenen Monate spielen dabei auch eine Rolle.
Schade ist allerdings, dass auf diese Weise die vermutlich letzte Chance vertan wird, eine radikal linke überregionale Tageszeitung aus der Marginalisierung zu führen. Mit arg grob gestricktem, teilweise sektenartigen „Antiimperialismus“, Inkompetenz und Ignoranz in vielen wichtigen gesellschaftlichen Fragen und ausgeprägter Diskursfeindlichkeit wird man wohl kaum aus dem selbst gewählten Ghetto der „letzten Aufrechten“ herauskommen. Von der teilweise unterirdischen journalistischen Qualität und den –gelinde gesagt- merkwürdigen betrieblichen Strukturen mal ganz abgesehen.
Aber das ist jetzt nicht mehr mein Bier bzw. Wein
Die jw-Artikel sind weg?
Und was ist mit dem wunderbaren Interview mit Joachim Kühn? Und den Kugeln auf Mozart? Und dem Schostakowitsch-Artikel – und all den anderen schönen Beiträgen zu Jazz, Rock und Klassik? Da mach dich mal schön an die Arbeit und setze die Sachen in deinen Blog, Rubrik Musik.
Sonst gibt es nix Leckeres mehr aus der Hausfrauenküche. (Die können ja bekanntlich auch Gemüse …)
Das mit der Löschung stimmt nicht – bitte erstmal sorgfältig gucken, bevor man sowas behauptet. Das Tool zeigt natürlich erst einmal längst nicht alle Artikel an, wenn man nur den Autorennamen eingibt. Wenn man aber z.B. eine zeitliche Begrenzung, z.B. 1.1. bis 31.12.1999 oder auch jeden anderen Jahrgang bis 2011 eintippt, findet man Deine Artikel nach wie vor. Alle, lieber Rainer.
Alle anderen Pauschalurteile zur Zeitung – nun ja. Vielleicht sollte man dann nicht gleichzeitig bekanntgeben, dass man sie so gut wie nicht mehr liest…
Ich habe mir das jW-Archiv jetzt nochmal genauer angeguckt. Und siehe da – du hast Recht. Man findest die Artikel nicht bei der einfachen Suche unter Angabe meines Namens, aber bei der “Expertensuche”. Ich nehme also alles zurück und behaupte das Gegenteil.
Du giltst denen eben immer noch als Experte. Respekt !