Greenpeace geht mir manchmal auf den Wecker

Verboten, verboten, verboten. Wenn es nach der von mir eigentlich hoch geschätzten Umweltschutzorganisation Greenpeace ginge, würde mein Speiseplan in Zukunft deutlich öder werden. Auch die jüngst erschienene Neuauflage des Einkaufsverbotsratgebers für Fisch ist so angelegt, dass man eigentlich fast gar nichts mehr kaufen soll, was in Flüssen, Seen und Meeren so rumschwimmt. Fast alle Arten sind mit dicken roten Balkenkreuzen versehen, uneingeschränkt genehmigt wird von den Öko-Kommissaren lediglich Karpfen, also ausgerechnet jener Fisch, den ich am wenigsten abkann. Neben der geballten roten Verbotswucht kann man manchmal noch ein winziges grünes Häkchen entdecken. Dahinter verbirgt sich dann der Hinweis, dass man diesen Fisch gnädigerweise doch verzehren darf, wenn er aus ganz bestimmten Anbaugebieten kommt. An diesem gestalterischen Detail zeigt sich die zweifelhafte Herangehensweise von Greenpeace an derartige Fragen: Erstmal verbieten und im Kleingedruckten ein paar Ausnahmen zulassen.

Zum Beispiel beim Zander: „Ausnahmen“ vom Verbot gelten für Fänge aus Europäischen Binnen-Gewässern FAO 05 (Was immer das sein mag), sowie dem Hjälmaren See, Ural-Ästuar und dem Kaspischen Meer. Mir war jedenfalls nicht bekannt, dass in Deutschland Zander auf dem Markt ist, der aus anderen Fanggebieten stammt. Ähnlich skuril ist es bei Shrimps: Fettes Rot, gilt aber nicht für Nordostatlantik, Aquakulturprodukte aus China, Indonesien, Taiwan, Vietnam, Bangladesch, Indien, Indonesien und Vietnam, die letzteren aber nur, wenn sie bio-zertifiziert sind. Aber wer hat schon Lust, die gepflegte Fischtheke im Frischeparadies, im Lafayette oder in der Metro nur noch mit einer Datenbank in der Tasche aufzusuchen.

Der wird wenigstens nicht von Greenpeace genervt, wenn er Fisch isst.

So geht es fröhlich weiter, und irgendwann hat man keinen Bock mehr. Dem Anliegen, Fischkonsumenten für die Gefährdung vieler Bestände durch Überfischung zu sensibilisieren, erweist Greenpeace mit seiner herrischen Oberlehrerart jedenfalls einen Bärendienst. Auch die nahezu apocalyptischen Übertreibungen der vergangenen Jahre, mit denen unter anderem das baldige Verschwinden des Herings und des Kabeljaus angekündigt wurde, sorgen wohl eher für Abstumpfung als für sorgsameren Fischeinkauf: Beide Arten haben sich mittlerweile überraschend deutlich erholt.

Apropos erholte Populationen: Über 70.000 Wildschweine wurden im vergangenen Jahr in Brandenburg erlegt. Dennoch nehmen die Bestände stetig zu. Dies auch, weil die immer größeren Mais-Monokulturen die für „Bio-Sprit“ angelegt werden, für die Schwarzkittel eine Art Fünf-Sterne-Restaurants sind. Zumal sie dort nicht effektiv bejagt werden können, wie die Waidmänner beklagen. Im Gegenteil: Den Jagdpächtern drohen sogar hohe Entschädigungsforderungen, da sie für die Regulierung des Wildbestandes in ihren Beritten zuständig sind.

 Wie dem auch sei: Wildschweinfleisch ist in Berlin und Umgebung reichlich in hervorragender Qualität und ausgesprochen preiswert erhältlich, da die Nachfrage relativ gering ist. Der deutsche Fleischkonsument bevorzugt bekanntlich geschmacklosen, hormonverseuchten Mastmüll. Und wenn man deswegen eine schöne brandenburgische Wildschweinkeule für 13,50 Euro pro Kilo erstehen kann, hat die herrschende Perversion der industriellen Massentierhaltung wenigstens einen angenehmen Aspekt. Aber heute gibt’s erstmal eine Dorade, und sei auch nur, um Greenpeace zu ärgern.

 

 

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