Der VDP geht mir auf den Wecker. Die Berliner Politik auch

 

Sich mit Weinflaschen (ich rede noch nicht vom Inhalt) aus Betrieben des noblen Verbandes der Deutschen Prädikatsweinwinzer (VDP) zu beschäftigen, macht keinen Spaß mehr. Der Verband, der vor 12 Jahren das schwachsinnige deutsche Weinbezeichnungsrecht für seine Mitgliedsbetriebe kräftig entrümpelte, stiftet nach etlichen „Weiterentwicklungen“ seiner Klassifikation selber jede Menge Verwirrung. Da haben wir an der Spitze die „VDP.Große Lage“. Die trockenen Weine in dieser Kategorie heißen zusätzlich „Großes Gewächs“, die anderen tragen dagegen die alten Prädikate (Kabinett, Spätlese, Auslese etc.) Darunter gibt es „VDP.Erste Lage.“ Da werden die trockenen nur als einfache „Qualitätsweine“ bezeichnet, und erneut tragen die süßen Varianten zusätzlich die Prädikate – oder auch nicht, weil es nicht vorgeschrieben ist. Der Kunde darf dann rätseln, ob der Wein trocken oder lieblich ist, es sei denn er verfügt über Fachkenntnisse und weiß z.B. dass ein „Erste Lage“-Wein mit zehn oder weniger Volumenprozent Alkohol nur süß sein kann.

Gestern tappte auch ich der VDP-Bezeichnungsfalle. Der von mir entkorkte VDP-Wein mit dem „Erste Lage“-Logo und dem Lagennamen wäre bis vor kurzem noch garantiert trocken gewesen. War er aber nicht. Was der Unfug soll, weiß ich nicht. Und so ganz nebenbei: Geschmeckt hat er auch nicht; kein Säure- und Aromengerüst, dass die Süße puffert und einbindet.

Auf den Wecker geht mir auch wieder mal die Berliner Politik. Ausgerechnet jene Geisterfahrer, die gerade ein erfolgreiches Volksbegehren gegen (dringend benötigten) Wohnungsbau auf dem ehemaligen Tempelhofer Flughafen zu verantworten haben, wollen jetzt erneut per Volksbegehren den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zum Abdanken zwingen.

Klaus Wowereit hat ein Herz für Steuerhinterzieher.
© Superbass / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Nun ist es tatsächlich so, dass diese selbstgefällige, arrogante Politikerkarikatur ziemlich unerträglich ist. Und das nicht erst seit seiner jetzt öffentlich gewordenen Kumpanei mit einem als Steuerbetrüger entlarvten Staatssekretär seiner Landesregierung. Die Berliner Politikszene ist aber leider vollkommen abgefuckt, und es gibt keine Opposition oder starke soziale Bewegung, die nach der jetzt angestrebten Neuwahl die wirklichen Probleme der Stadt (Mietenexplosion, desolate Infrastruktur, Kinderarmut, ausgeblutete Bezirke etc.) auf die Tagesordnung setzen würde. Wenigstens DIE LINKE würde dies zwar im Wahlkampf behaupten, doch das tut sie immer und wenn sie dann mitregiert, wird der Sozialabbau wesentlich schlimmer als zuvor, wie in den Zeiten der „rot-roten“ Koalition von 2002 bis 2011 eindrucksvoll demonstriert wurde. Kurzum: Natürlich hätte ich nichts dagegen, Wowereit in den dauerhaften Skiurlaub zu schicken, aber es würde politisch nichts wesentliches in der Hauptstadt ändern, zumal das Personal der anderen Parteien auch nicht gerade Vertrauen erweckend ist.

Jedenfalls will ich nicht schon wieder Wahlkampf in der Stadt, vor allem weil er unsäglich langweilig und inhaltsleer wäre. Dazu dann noch die Gesichter dieser ganzen karrieregeilen Wichtigtuer an jeder Laterne und die permanente Belästigung auf der Straße. Einziger Trost: Das würde wohl erst im Herbst losgehen, und da kann ich mich auf meinen Wandlitzer Landsitz verziehen. Allerdings ist dann in Brandenburg auch Landtagswahlkampf. Doch mit gegrillten Sardinen, hoffentlich trockenen VDP-Weinen und dem Blick auf plakatfreie Felder und Wälder ist das besser zu ertragen.

 

 

2 Gedanken zu “Der VDP geht mir auf den Wecker. Die Berliner Politik auch

  1. Genosse Balcerowiak!
    Lade doch mal wieder die Basisorganisation auf Deine Datsche ein. Dann können wir bei Sardinen und Bier beraten, wie Du dich am besten in den anstehenden Wahlkampf einbringst!

    • Das kann ich Dir auch ohne Bier und Sardinen sagen: Ich werde DIE PARTEI wählen. Ihr seid aber trotzdem herzlich willkommen, spätestens beim Kampftag des Spargelschälers.