Mit Trotzki an der Mosel: Ein (Ge)Lagebericht

 Manchmal entstehen mittelschwere Gelage relativ spontan. So hatte einer meiner Lieblingswinzer von der Mosel, Harald Steffens, für Sonnabend eine Stippvisite in Berlin angekündigt, was mich zu einer spontanen Einladung zum Essen animierte, schließlich habe ich einen Ruf zu verteidigen. Allerdings war präzises Timing erforderlich, denn für den frühen Nachmittag hatte der geliebte Führer der Berliner Mieterbewegung, Kim Il O., zur Lagebesprechung geladen. Und wer da nicht erscheint, kann sich bald auf dem Wohnungsmarkt in Nordkorea umschauen.

 Also wurden ein Gulasch von der Brandenburger Wildschweinkeule (dazu gab’s handgemachte Spätzle), eine Tofu-Lachs-Terrine mit Washabi-Ingwer-Vinaigrette und Grießkompott mit Brandenburger Birnen teilweise bereits am Vortag auf den Weg gebracht. Steffens erbot sich, geeignete Weine beizusteuern. Derartige Offerten pflege ich in der Regel freundlich, aber bestimmt zurückzuweisen, da ich es bei der Kombination von Wein und Speisen zu einer gewissen Meisterschaft gebracht habe und an meinem Esstisch keine Qualitätsabstriche dulde.

Einem Spitzenwinzer sollte man allerdings durchaus zutrauen, ein Händchen für diese Königsdisziplin der Kulinarik zu haben, daher machte ich eine Ausnahme. Bereut habe ich es nicht, denn der feinherbe Kueser Riesling 2011 vom Staatsweingut Bernkastel passte ebenso gut zu der Terrine (und vor allem zur Vinaigrette) wie der luftige, feinfruchtige Spätburgunder (ebenfalls 2011) von seinem Reiler Winzerkollegen Richard Arns zum Wildschwein.

Macht guten Wein und hat Geschmack: Harald Steffens

So ganz nebenbei wurde auch wieder der Beweis erbracht, dass es ganz hervorragende Weine für weniger als zehn Euro gibt, was übrigens auch für die Weine von Harald Steffens gilt. Der verzichtet auf aufwändige Marketingaktionen und Präsentationen rund um den Erdball – und erlöst für seine hauptsächlich von Privatkunden gekauften Weine dennoch nicht weniger als so manch umtriebiger Kollege, der das Doppelte oder Dreifache verlangt. Man kann es nicht oft genug sagen: Bei einem richtig teuren Wein zahlt man nicht in erster Linie für die Qualität im Glas oder die Arbeit im Weinberg, sondern für Händlermargen, PR und Marketing.

 Ebenfalls gelagefördernd war der Auftritt des hier bereits des Öfteren erwähnten trotzkistischen Bürokraten, der angekündigt hatte, endlich seine Wettschulden zu begleichen. Denn dieser politische Geisterfahrer ist auch fußballtechnisch ein Irrläufer und bekennt sich als Fan zum Hamburger SV(sic!!) Als diese säbelbeinigen, nach Fisch stinkenden Pfeffersack-Kicker vor zwei Wochen die königsblau-glorreichen Helden von Schalke 04 empfingen, drängte mir der Bürokrat eine Wette über den Spielausgang auf. Es kam, wie es kommen musste: Die stolzen Schalker Knappen vermöbelten die Fischköppe standesgemäß mit 3:0, und seitdem schuldete mir der Trotzkist einen Roten Premier Cru aus dem Burgund. Der 2008er Monthelie Les Vignes-Rondes machte ebenfalls noch Bekanntschaft mit der Wildsau und überzeugte mit klarer, kräftiger Kirschfrucht, sanften Tanninen und leichter Kräuterwürze am Gaumen. Sicherlich ein richtig nettes Tröpfchen, aber wohl kaum den verlangten mehr als dreifachen Preis des Spätburgunders von der Mosel wert.

 Zum Nachtisch dann noch eine edelsüße Riesling Spätlese, irgendwo dazwischen einen Lemberger von Dautel und schließlich noch den großartigen Bratbirnen-Brand von Kölle aus Bönnigheim. Dazu angeregte Unterhaltungen. Man kann einen Sonnabend auch sinnloser verbringen.

 P.S. Die Fischkopp-Fußballer haben übrigens schon wieder verloren, aber diesmal haben wir leider nicht gewettet.

 

4 Gedanken zu “Mit Trotzki an der Mosel: Ein (Ge)Lagebericht

  1. Ist da nicht etwas ein klein wenig durcheinander geraten?
    Korrekte Schreibe :
    “…diese säbelbeinigen,nach Bratwurst stinkenden Pfeffersack-Kicker…”
    Da muß also eigentlich die Säbelbeiniger Strasse in München gemeint sein.

    • Wenn der Trotzkist Bayern-Fan wäre, hätte er bei mir Hausverbot. Und Pfeffersäcke sind m.E. eindeutig Hamburg zuzuordnen.

      • D’accord.Wollte nicht zu viel am Originaltext rumpfuschen.
        Anstelle des Pfeffersacks also Speckjäger.