Wenn ein traditionskommunistischer Naturwissenschaftler (also ausnahmsweise kein trotzkistischer Bürokrat) eine Blindweinprobe veranstaltet, kann man sowohl eine klare Linie, als auch ein mathematisches System erwarten. Doch beides erschloss sich erst später…
In den schwarzen Probiergläsern (gut gegen optische Beeinflussung bei Weinproben) befanden sich jedenfalls vier Weine, oder zumindestens weinähnliche Flüssigkeiten. Nur einer war einigermaßen eindeutig zuzuordnen: Ein relativ junger Spätburgunder mit deutlicher Barriquenote, mittelschwerem Körper und verhaltener Frucht. Ansonsten gab es eine süßliche Labberbrühe, ein penetrant nach roten Gummibärchen schmeckendes Gesöff mit leichter Perlage und einen recht sauren, unreif wirkender Wein ohne erkennbares Aromengerüst.
Nach der Verkostung tröpfelten die Informationen. Die Preisspanne verlief mit dem Faktor 2: zwei, vier, acht und 16 Euro. Letzteres ließ sich eindeutig dem Barrique-Spätburgunder (war tatsächlich einer) zuordnen. Nicht weil er das das wert war, sondern weil derartige deutsche Holzwummen halt zu solchen Preisen verkauft werden. Auch der Zwei-Euro-Wein erschien logisch: Es war das süßlicher Absturzgesöff; klassischer Lidl-Bölkstoff und ebenfalls ein Spätburgunder, was aber wohl kaum ein Tester zuverlässig hätte bestimmen können. Was auch für die Gummibärchen und die saure Brühe gilt, bei denen es sich angeblich auch um Spätburgunder handelte (stand jedenfalls auf den Etiketten). Wobei die flüssigen Gummibärchen , ein weißgekelterter (Blanc de Noir) aus dieser Sorte, tatsächlich für acht Euro verkauft werden, während der Sauerwein (sogar öko) zwar ebenfalls nicht schmerzfrei trinkbar war, sich aber mit einem Ladenpreis von vier Euro bescheidet.
Wenigstens gab’s zum anschließend gereichten Lammsauerbraten nicht nur eine großartige Lebkuchensoße, sondern auch anständige Weine, darunter einen portugiesischen aus der Bio Company, der mit neun Euro zu Buche schlägt und um Klassen besser als der „beste“ Spätburgunder aus der Probe war.
Während die anderen Teilnehmer nunmehr ernsthaft zu trinken anfingen, verzog ich mich, um C.P.E. Bach zu hören. Fazit: Was war Mozart bloß für eine Pfeife! Und ab morgen werden wieder anständige Weine verkostet.