Wellness in der Datsche

Draußen stürmt`s, und die Temperaturen sind auch nicht mehr so berauschend. Die Woche war hart, als journalistischem Tagelöhner blieb mir diesmal so gut wie nichts erspart; von der beginnenden Mieterverdrängung in Berlin-Lichtenberg schnurstracks zu schrottreifen Dieselloks , die unsere Umwelt verpesten. Dann ein kleiner Abstecher zum deutschen Presserat, der sich mit den Beschwerden pikierter Leser rumschlagen muss und schließlich eine etwas schräge Diskussion ehemaliger DDR-Kombinatsleiter über die Frage, was man aus ihren Erfahrungen für künftige Wirtschaftsformen lernen könnte.

Nach derartigen Wochen stünde eigentlich ein Wellness-Wochenende an. Angeboten wird so ziemlich alles: Massagen, Sportprogramm, für die Damen diverse Peelings und Masken, für die Herren darf’s gerne auch eine Runde Golf sein. Dazu natürlich exklusive 3- oder 4-Gänge-Menüs. Obendrauf wird hier und da auch ein bisschen Meditation oder ein kleiner Kräuter-Workshop geboten. Der einzige Nachteil: Das kostet nicht eben wenig Geld.

Was ist ein Meditationsprogramm im edlen Wellness-Tempel gegen die Beobachtung eines Eichhörnchens im Brandenburger Mischwald

Aber ein Wellness-Wochenende möchte ich mir jetzt auch als prekärer Niedrigverdiener gönnen. Also rauf auf’s Fahrrad und auf zur Datsche nach Wandlitz. Unter den zahlreichen Fitnessangeboten ( u.a. Beet umgraben, Holz sägen, mit dem Pflücker Obst von den Bäumen holen) habe ich mich zunächst für letzteres entschieden. Es folgt das Meditationsprogramm: Auf der Terrasse sitzen, auf die Bäume gucken und schließlich mit den Augen den Wegen der beiden hiesigen Eichhörnchen folgen. Peeling brauche ich nicht, Massage fällt aus und Golf kann ich sowieso nicht. Also gleich das exklusive Menü anpeilen. Schließlich hängen noch ein paar Tomaten, im Eisfach liegen noch einige Garnelen und Sardinen, ne Packung Öko-Spaghetti hab ich auch noch gefunden, Kräuter gibt’s hier eh reichlich, gutes Öl ist auch da, und im Weinregal liegen noch ein paar passende Flaschen. Jetzt noch eine Fitness-Runde (Holz sägen), ein bisschen heizen, gute Musik auflegen ( heute ist u.a. der frühe Kenny Garrett dran) und dann wird gekocht bzw. gegrillt. Morgen geht das Programm weiter, bis es mit einer weiteren Fahrradtour, diesmal zurück nach Berlin, ausklingt. Schließlich muss ich am Montag die Fluglärmopfer in Friedrichshagen aufsuchen und will endlich mein Opus magnum zur Energiewende für das Mieterecho schreiben.

Der hat gut reden mit seiner Datsche, hör ich es grummeln. O.K., mit Wandlitz habe ich wirklich Glück gehabt. Doch wer in Berlin lebt und wirklich ein Wochenendrefugium haben will, kann auch eins bekommen, ohne dabei arm zu werden. Ja, es macht auch eine Masse Arbeit. Aber dafür kann man sich dann auch jede Menge Wellness-Wochenenden leisten.

3 Gedanken zu “Wellness in der Datsche

  1. Hoch Falk garantiert tolles Wetter für Gartenarbeit. Ich muss heute noch Saatkartoffeln einlagern, unser Sohn hat einen Rucksack voll Linda von der Domäne Dahlem mitgebracht, wo er mit seiner Schulklasse war. Und ‘n bißchen am Rasenmäher schrauben muss ich auch noch. Mein Fitness-Programm war heute: Waldlauf rund um Tegelort und eine Runde Schwimmen im Tegeler See. Auch sehr preiswert!

  2. Da klage ich in meinem Blog darüber, wie schlecht es den armen freien Journalisten geht und Herr Balcerowiak macht Wellness in Wandlitz. Nicht zu fassen! Das Thema “preiswertes Wochendrefugium in Berlin” könntest du in deinem Blog auch mal beleuchten – mich würde das interessieren. Das würde zudem den Service-Charakter dieser Seite untersteichen ;-)

    • 1.) Wie gesagt: Das ist kein Luxus. Die Hütte kostet mich – alle Nebenkosten inkl. – ca 1200 Euro pro Jahr.

      2.) In Berlin ist es sogar noch viel billiger. Gib einfach bei Google “Kleingärten Berlin” ein und du wirst mit Adressen und Angeboten zugeschüttet. (Kleiner Tipp: In Pankow und CHarlottenburg gibt’s richtig geile Ecken – und vor allem bald keinen Fluglärm mehr)

      Kannst du auch mit einzelnen Orten in Brandenburg machen