Eigentlich geht mir alles auf den Wecker. Das Geschnatter rund um die Europawahl und das laut einer Umfrage möglicherweise erfolgreiche Volksbegehren gegen Wohnungsbau am Rand des alten Flughafens sowieso. Dann hatten wir da noch die Bilder von einem türkischen Regierungsberater, der einen am Boden liegenden Demonstranten tritt, während sein Chef verkündigt, dass ein paar hundert tote Bergleute was ganz Normales seien. Schließlich die Wettervorhersage, die ein gründlich verregnetes Wochenende ankündigt. Vielleicht erholen sich dann wenigstens meine verstopfte Nase und die dicken Augen, da mein desorientierter Körper mal wieder meint auf irgendwelche Pollen allergisch reagieren zu müssen. Kurzum: Es ist höchste Zeit, der garstigen Stadt den Rücken zu kehren, und auf dem Wandlitzer Landsitz ein wenig Ruhe zu genießen und Kraft zu tanken.
Eine gute Entscheidung! Alles blüht und wächst, nur eine Gurkenpflanze ist eingegangen. Der Fischer hat frische Forellen, der Salat im Frühbeet ist erntereif und zur Füllung besagter Forellen steht genug Bärlauch und Estragon zur Verfügung.
Fehlt eigentlich nur noch ein anständiger Wein. Daran mangelt es im Wandlitzer Keller nie, aber es war tatsächlich noch eine „vergessene Flasche“ im Regal, ein Riesling, den mir ein Winzer vor einigen Monaten freundlicherweise als Probe geschickt hat.
Andreas Barth ist allerdings nicht irgendein Winzer. Er steht als Kellermeister bei Günther Jauchs Weingut in Lohn und Brot, doch „nebenbei“ betreibt er das kleine Weingut Lubentiushof an der Terrassenmosel. Barth gilt als einer der großen deutschen Meister der Spontanvergärung, also jener Weinbereitung, bei der auf Fremdhefen verzichtet wird und der Gärvorgang viele Monate dauern kann. Das ist für sich kein Qualitätsmerkmal, doch es können ungeheuer spannende Weine dabei herauskommen. Wie z.B. der trockene Riesling Gondorfer Gäns 2012. Der anscheinend poesieaffine Winzer beschreibt seine Arbeitsweise folgendermaßen: „Leises Gurgeln des werdenden Weines. Nur wilde Hefen, unbekannt, ganz spontan am Werk. Begründetes Vertrauen. Einfach mal lassen, zuhören, beobachten, lernen. Nicht viel mehr. Zielführendes Chaos, ein sympathisches Programm“
Sympathisch ist für diesen Wein weit untertrieben. Es ist schlicht ein großartiger, unverwechselbarer Spitzen-Riesling mit satter Kern- und Steinobstfrucht, mineralisch-steinigen Anklängen, Zitronenaroma, feinen Kräuternoten und leicht salzig. Ein Meisterwerk, sowohl vom Winzer, als auch von besagten Wildhefen. Einfach irre, und wer ein bisschen tiefer in die faszinierende Welt des Riesling eintauchen will, wird an diesem Wein nicht vorbeikommen. Zumal er für einen Wein dieser Liga mit 15 Euro ausgesprochen günstig ist.
Schluss mit den Elogen. Jedenfalls konnte erneut bewiesen werden, dass eine gute Forelle mit einem guten Wein auf einer schönen Terrasse ein probates Mittel gegen schlechte Laune und Alltagsfrust sein kann. Denn Genuss ist bekanntlich Notwehr.
Den Riesling Gondorfer Gäns trocken 2012 vom Lubentiushof gibt es für 15 Euro bei vicampo
Am nächsten Wochenende wirst deinen Weinvorrat zwecks Frusttrinken massakrieren müssen! 100 Prozent Tempelhof siegt!
Als alter Fahrensmann habe ich gelernt mit Niederlagen umzugehen. Die möglicherweise siegreiche Borniertheit der asialen Ökos gepaart mit grenzenlosem Opportunismus der LINKEN und der Stunpfheit der Mainstream-Berliner ist mir bestenfalls ein Schultheiss in einer Eckkneipe wert. Bei einem Scheitern des Volksbegehrens lasse ich es allerdings krachen: Zunächst der “Schwarzer Löwe” Lemberger Großes Gewächs 2009 von Graf Adelmann, und dann sehen wir mal weiter.
Tja, das läuft wohl auf ein einsames Schultheiss in deiner Eckkneipe hinaus. Du könntest aber auch mit den gerechten Siegern (heißt: u.a. mir) den Graf Adelmann auf dem Tempelhofer Feld aufmachen…
Ökozentristische Wohnungsbauverhinderer dürfen bei mir künftig nur noch an vermoderten Korken riechen. Baut euch euren Wein doch auf dem Tempelhofer Feld an, ihr Pfeifen!
Hier noch mehr linke Aufklärung: http://weinlagen-info.de/#lage_id=1966