Als der Milliardär Nicolas Berggruen vor rund vier Jahren die marode Warenhauskette Karstadt für einen Euro aus der Insolvenz übernahm, wurde er wie eine Lichtgestalt gefeiert. Der „feinsinnige Kunstliebhaber“, „Philanthrop“ und „Philosoph“ kündigte in unzähligen Interviews und Talkshows an, eine „Vision“ zu haben, wie er das zuvor von diversen Hasardeuren und Heuschrecken gebeutelte Handelsunternehmen konsolidieren und in eine große Zukunft führen könne.
Doch schon bald war der Lack ab. Berggruen investierte mitnichten Geld in die dringend notwendige Modernisierung der Filialen und des Sortiments, sondern presste den Konzern u.a. durch die Markenrechte und seine Mitarbeiter weiterhin aus. 2013 veräußerte er die Mehrheitsanteile an den Premium-Kaufhäusern KaDeWe, Oberpollinger und Alsterhaus sowie der profitablen Sport-Filialen an den mittlerweile in 2. Instanz wegen Korruptionsdelikten verurteilten österreichischen Immobilientycoon René Benko. Am Freitag ging schließlich auch noch der Rest über den Tresen, also die verbliebenen Anteile am Premium-Segment sowie die weiteren 83 Filialen.
In den kommenden Monaten und Jahren werden wohl viele Filialen geschlossen werden und etliche der noch 17.000 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Benko wird die teilweise in guten bis sehr guten Innenstadtlagen angesiedelten Immobilien wohl wesentlich gewinnträchtiger verwerten wollen, als dies mit einem betulichen Gemischtwarenladen, wie Karstadt einer ist, möglich wäre.
Kaufhausketten wie Karstadt haben – abgesehen von einigen speziellen Standorten – keine Zukunft. Die Massenversorgung läuft über Shopping-Malls und Spartenketten wie H&M, das Edelsegment hat seine eigenen Läden. Dazu kommt der boomende Internet-Handel. Die Konsumenten – auch die, die jetzt lauthals über das nahende Ende von Karstadt greinen – haben längst mit den Füßen abgestimmt.
Bitter ist das für die Beschäftigten, denen in den vergangenen Jahren mit allerlei hohlen Verprechungen Lohnverzicht in dreistelliger Millionenhöhe abgeschwatzt wurde. Aber es entspricht leider nicht der preußischen Mentalität, jetzt kurz vor Toresschluss noch mal auf die Sahne zu hauen, und dem Aasgeier- und Spekulantenpack mit kollektiven langfristigen Krankschreibungen und organisierter Bestandsenteignung das Leben zur Hölle zu machen.
Nostalgische Gefühle gegenüber dem 1881 in Wismar gegründeten Unternehmen hege ich nicht, ich habe es kaum frequentiert. Mein letzter Besuch einer Filiale fand Anfang Juni 2013 in Nürnberg statt und ist hier dokumentiert. Alles geht seinen normalen kapitalistischen Gang und „Philanthrop“ Berggruen wird sich mit seinen Milliarden ein paar neue Spielzeuge kaufen und vielleicht irgendwann wegwerfen. So what.