Landpartie nach Kladow statt Journalistenfron

Eigentlich sollte ich am Freitag zu einer mietenpolitischen Konferenz fahren. Doch ich habe abgesagt, weil ich bereits für einen Ausflug der ganz anderen Art verabredet war. Landpartie war angesagt, so richtig im alten (West)Berliner Stil: Mit der S-Bahn nach Wannsee, von dort mit der BVG-Fähre nach Kladow und auf Schusters Rappen immer an der Havel entlang zum HavelGut. Dahinter verbirgt sich ein Cafe mit gehobenem Imbiss, der in erster Linie Salate und Gemüse vom nahe gelegenen Bio-Hof SpeiseGut umfasst, aber auch einen grandiosen Wildschwein – Burger im Dinkelbrötchen und einer Reneclauden-Reduktion als Soße. Ferner kann man dort frisches, saisonales Obst und Gemüse des Betriebs kaufen.

Verkaufstisch im Kladower “HavelGut”. Braucht man eigentlich mehr?

Da ich mich bekanntlich bei meinen Stadtfluchten hauptsächlich im nordöstlichen Umland (Wandlitz) aufhalte, hatte ich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm, wie schön und teilweise idyllisch dieser westliche Rand des alten Westberlins sein kann, nur die Motorboote auf der an eine Bundesstraße erinnernden Havel nerven. Doch im Havelgut ist es ruhig. Und nichts erinnert mehr daran, dass in der unmittelbaren Nähe noch vor 25 Jahren martialische Grenzanlagen standen.

Wenn schon Stadtflucht, dann richtig, und so ging es am Sonnabend auf den Wandlitzer Landsitz. Auch hier, gerade mal 35 Kilometer vom Berliner Stadtzentrum entfernt, pure spätsommerliche Idylle, nur der hyperaktive Maulwurf nervt.

Diese Wandlitzer Hagebutten von heute sind die Marmelade von morgen.

Aber der Tisch deckt sich fast von selber, mal da eine Gurke, eine Zucchini, Lauch und Kräuter aus dem Beet geholt, mal dort ein paar Pflaumen und Äpfel gepflückt, Kartoffeln und Eier gibt’s beim Biobauern im Ort. Die unzähligen schwachsinnigen Wahlplakate auf dem Weg dorthin – Brandenburg wählt am nächsten Sonntag ein neues Landesparlament – kann man gut ausblenden. Und den ganzen anderen Irrsinn auch. Stattdessen gab’s mal wieder Schilcher, eine Rotweinspezialität aus der Steiermark, die aber eigentlich ein kräftiger Rosé ist. Der „Engelweingarten Alte Reben 2013“ vom Weingut Reiterer mundete mir jedenfalls genauso gut, wie bei meiner ersten Begegnung mit diesem Tropfen.

Ab Montag gibt’s dann für ein paar Tage wieder das volle Programm eines freiberuflichen Journalisten und PR-Dienstleisters. Lokführer- und Pilotenstreiks, Schließung einer Jugendverkehrsschule in Berlin-Moabit nebst asozialen Gegnern von städtischem Wohnungsbau und ein umfangreiches Glossar mit Rebsorten und Weinfachbegriffen stehen auf dem Zettel. Wie gut, dass ich in Kladow und Wandlitz gut aufgetankt habe.

 

 

 

 

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