Wenn man seine erste „Bica“, wie die extrem kräftige portugiesische Variante des Espressos heißt, getrunken hat, weiß man, dass man angekommen ist. Und wenn die erste Caldo verde – die klassische Gemüsesuppe – auf dem Tisch steht, freut man sich auf die kommenden Tage.
Doch eigentlich soll es ja um Wein gehen, schließlich befindet sich unsere kleine Journalisten- und Händlergruppe auf Einladung des portugiesischen Weininstituts im Land. Es gibt unendlich viel zu entdecken: Hierzulande weitgehend unbekannte Rebsorten, Gutes für wenig und weniger Gutes für sehr viel Geld, Überzeugungstäter und Marktkonformisten, Überraschungen und Enttäuschungen. Dies gilt es für mich zunächst zu ordnen, bevor ich -wie immer betont subjektiv- über Winzer und Weine aus einigen Regionen berichten werde.
Doch Portugal ist auch ein geschundenes Land. Die fast jährlich ausbrechenden und teilweise verheerenden Waldbrände haben eine Schneise der Verwüstung durch einige Regionen gezogen, die Aufforstungsversuche wirken mitunter fast schon hilflos. Die Schuldenkrise hat für eine tiefgreifende soziale Erosion gesorgt. Zwar fahren wir im klimatisierten Bus durch die Gegend, besuchen erfolgreiche Winzer und wohnen in (meistens) guten Hotels, doch die Armut ist weder in den großen Städten noch auf dem Land zu übersehen. Bauruinen und verfallene Häuser sind ebenso allgegenwärtig wie das teilweise absurd überdimensionierte Autobahnnetz – die EU lässt grüßen.
Dennoch ist es ein schönes, liebenswertes Land, mit eigener Identität, Stolz und Würde. Ein Land mit eigenen Gerüchen und einem eigenen Sound. Ein Land mit einer glücklicherweise recht beharrungsfähigen regionalen Küche, auch wenn der Vormarsch der geschmacksglobalisierten Einheitsverköstigung nicht zu übersehen ist. Am besten ist es bei den Winzern, wo es halt wie Portugal schmeckt: Im Teig gebackene Bohnen (Peixinhos de Horta), Bacalhao-Bällchen, würziger Schafskäse zum Auslöffeln (Queijo Serra da Estrela), Gemüsesuppen, deftig-würzige Fleischeintöpfe und sündhaft gute Süßigkeiten. In zwei so genannten Spitzenrestaurants in Porto und Lissabon dagegen Dinge wie Räucherlachs (als ob die keinen eigenen Fische hätten), Pfeffersteaks und Crème brulée. Beim Wunsch nach typischen Köstlichkeiten wie in Knoblauch gebratenen Gambas stößt man in solchen Etablissements auf Verständnislosigkeit, und auch meine geliebten gegrillten Sardinen gibt es zwar in jedem einfachen Lokal für ganz wenig Geld, aber nicht in den „angesagten“ Locations.
Aber eigentlich ging es bei der Reise ja um Wein. Doch das werden dann ein paar andere Geschichten…..
Wart Ihr denn bei Niepoort? Oder bei Crasto?
Wir waren sogar bei beiden. Schöner Kontrast: Erst der Freak mit den eher schlanken, filigranen, säurebetonten Weinen und dann Crasto mit seinen Extrakt-, Alkohol- und Fruchtbomben. Schreibe ich aber bald noch mehr drüber