Es war wahrscheinlich das letzte Wochenende des Jahres 2014 in Brandenburg, das sowohl strahlenden Sonnenschein als auch sommerliche Temperaturen aufzuweisen hatte. Da passte es, dass meine früheren Wandlitzer Nachbarn nochmal zum Essen im Garten eingeladen hatten. Es wurde eine kleine Demonstration regionaler und saisonaler Genüsse, denn es gab einen frischen Hecht aus einem nahe gelegenen See und Gemüse der Saison (Möhren, Pastinaken, Kartoffeln, Lauch) Es gab auch keine Klößchen, keine Farce und keine Filets, sondern einfach einen mit Salz, Pfeffer und ein paar Kräutern gewürzten, durch die Mittelgräte zerteilten Hecht aus der Schmorpfanne und bissfestes Gemüse aus dem Ofen.
Das ist einfach, das ist preiswert, das ist großartig und eigentlich kann man an solchen Tagen so richtig Mitleid sowohl mit den Schrottvertilgern, als auch mit den geschmacksglobalierten Pseudo-Nobelessern bekommen. Denn ihnen entgeht was.
Der große Aufreger des Wochenendes war allerdings der 50stündige Streik der GDL. Die Gewerkschaft kämpft für einen anständigen Tarifvertrag für ihre Mitglieder, also nicht nur für Lokführer, sondern das gesamte Zugpersonal. Chapeau! Und während sich der Pöbel bei Twitter, in Leserzuschriften und mit Hassmails austobt, stellt der Pöbel in Nadelstreifen in den Redaktionen diverser „Qualitätszeitungen“ den GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky mittlerweile als gefährlichen, egomanischen Verrückten dar, den es zu stoppen gelte. Es mag ein wenig altbacken klingen, aber das Gebot der Stunde ist Solidarität mit der GDL!
Ohnehin wird in Deutschland nicht zu viel und zu heftig gestreikt, sondern zu wenig und zu inkonsequent. Das kommt einem jedenfalls in den Sinn, wenn man liest, dass der neue Karstadt-Besitzer 23 der 80 Filialen schließen und bis zu 3400 Mitarbeiter loswerden will. Und man kann ja die standesbewussten Lufthansa-Piloten für überbezahlte Schnösel halten; ihr Widerstand gegen Verschlechterungen bei der Vorruhestandsvergütung ist dennoch gerechtfertigt und somit auch ihr erneuter Streik am heutigen Montag.
Zu Wein fällt mir im Moment nicht so viel ein. Außer dass wir zum Hecht den großartigen Weißburgunder von Stephan Steinmetz getrunken, der wie üblich 100%ig überzeugte.