Gehört Andrea Nahles vor Gericht?

In Deutschland gibt es eine Verfassung, in der die Grundrechte garantiert werden. Doch diese Verfassung ist anscheinend nicht mehr gültig. Denn eigentlich heißt es dort im Artikel 9, Absatz 3: “Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig “. Zu möglichen Gesetzesvorbehalten und Einschränkungen heißt es dort ferner: “Maßnahmen (…) dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden”

Bundesministerin Andrea Nahles hat am Dienstag ein Gesetz angekündigt, mit dem dieser Artikel faktisch außer Kraft gesetzt wird. Berufs- und Spartengewerkschaften sollen demnach nicht mehr streiken dürfen, falls es in einem Betrieb eine andere Gewerkschaft gibt, die über mehr Mitglieder verfügt und bereits Tarifverträge abgeschlossen hat. Das zielt aktuell auf die GDL und Cockpit, betroffen sind jedoch noch weitere kampfstarke Spartengewerkschaften wie z.B. Marburger Bund und UFO (Flugbegleiter).

Nahles hat sich also offen als Verfassungsfeindin geoutet. Das bringt ihr aber kaum Ärger, sondern viel frenetischen Beifall ein, vor allem von Unternehmerverbänden. Der DGB übt sich derweil in vornehmer Zurückhaltung – und freut sich hinter vorgehaltener Hand ein Loch in den Bauch, dass der unliebsamen Konkurrenz der Spartengewerkschaften der Garaus gemacht werden soll. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Ein Gewerkschaftsdachverband, der die Füße still hält, wenn eine Regierung die gewerkschaftlichen Grundrechte einschränkt.

Es kann Monate dauern, bis dieses Gesetz – wenn überhaupt – in Kraft tritt. Und dann wäre es recht wahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht diesen offenkundigen Bruch der Verfassung zurückweist. Doch alleine schon der Versuch zeigt, in was für einem Land wir hier eigentlich leben. Aktuell bleibt zu hoffen, dass sich weder die GDL noch Cockpit davon einschüchtern lassen.

In eigener Sache: Ab morgen schalte ich diesen Blog – wie im vergangenen Jahr – für fünf Tage in den “Jazzfest-Modus” um. Ich freue mich auf ein spannendes Festival und werde regelmäßig berichten.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.