Selten hatte ich so gute Laune, wenn ich vollkommen übermüdet von einer mehrtägigen Wein- und Gourmettour im schmuddelgrauen Berlin eingeflogen bin. Denn als erstes nahm ich die Nachricht wahr, dass Thomas Middelhoff nicht nur zu drei Jahren Knast verurteilt wurde, sondern wegen Fluchtgefahr auch sofort einsitzen muss. Der einst als Stern am deutschen Managerhimmel gefeierte Middelhoff wurde auf das reduziert, was er ist: Ein geld- und prunksüchtiger Herrenreiter, der es für normal hält, einen Konzern mit Tausenden von Beschäftigten gegen die Wand zu fahren und sich dennoch auf deren Kosten mit Privatjets und Hubschraubern durch die Welt kutschieren zu lassen. Vielleicht eine kleine Genugtuung für die Karstadt-Mitarbeiter, die nach ihm den ähnlich bigotten Nicolas Berggruen ertragen mussten und nunmehr von dem „knallharten Sanierer“ René Benko auf die Schlachtbank der sozialen Marktwirtschaft geführt werden sollen. Hoffentlich verschwinden morgen ein paar Kisten Champagner in den Karstadt-Filialen, um einigen von Entlassung bedrohten Verkäuferinnen die Gelegenheit zu geben, ein Gläschen auf Middelhoff zu trinken. Mögen ihm noch viele Abzocker, Aasgeier und Heuschrecken in den Knast folgen, schließlich braucht Uli Hoeneß ja Doppelkopfpartner.
Das mit Middelhoff trifft sich irgendwie gut, denn ich wollte ohnehin über Schweinebacken schreiben.In den vergangenen Wochen habe ich mich nicht nur wie üblich in Berlin-Moabit und Wandlitz aufgehalten, sondern auch in Portugal und Frankreich. Weniges verbindet diese Orte außer – Schweinebacken! Damit meine ich jetzt weder Middelhoff, noch korrupte Politiker, arrogante Bahn-Manager oder – speziell in Moabit – asoziale Kiezchauvinisten, sondern jenes wohl edelste Teil des Schweines, welches mir bis vor einigen Jahren vollkommen unbekannt war.
Wandlitz streichen wir mal, denn den armen Doping-Schweinen aus märkischer Massentierhaltung oder vielmehr ihren Produzenten traue ich schon lange nicht mehr über den Weg. Wenn es aber um halbwilde, im Freiland aufgezogene Bigorre-Schweine aus den Pyrenäen oder Porco ibérico aus dem Alentejo geht, geraten meine auf weitgehenden Schweinefleischabstinenz beruhenden Ernährungsprinzipien gewaltig ins Wanken. Diese schwarzen Rassen ernähren sich hauptsächlich von Eicheln, Kastanien und manchmal auch Oliven und nehmen während ihres entspannten Schweinelebens auch reichlich Wildkräuter zu sich. Und das bis zu 16 Monate lang, während ihre Artgenossen in den Mastställen meistens wenig älter als ein halbes Jahr werden.
Gut zubereitete Schweinebacken von artgerecht gehaltenen Tieren sind unfassbar zart, manchmal fast schon mürbe, aber aufgrund der feinen Fettadern nie trocken. Geschmort in Rotwein ein sagenhafter Genuss. In einigen Regionen Portugals und Frankreichs ist das Bestandteil der Volksküche, während die doofen Deutschen ja lieber aufgepumpte, wässrige Schnitzel oder langweilige Filets vertilgen.