Es ist ja nicht so, dass mir nichts mehr einfällt. Aber aus gegebenem Anlass kommt pünktlich zum 1.Advent ein Artikel, den ich bereits vor einem Jahr veröffentlicht habe
Es ist nicht auszuhalten! Während Millionen von Geschmacksprimaten noch damit beschäftigt sind, sich Unmengen einer ungenießbaren Flüssigkeit namens „Beaujolais Primeur“ einzuflößen, ist bereits die nächste Seuche im Anmarsch. Völlig verdrehte innere Uhren und nahezu kultische Gewohnheiten animieren selbst erwiesenermaßen vernunftbegabte Menschen ab Ende November zum Konsum eines Getränkes namens »Glühwein«.
Jedem Freund leiblicher Genüsse muss es wehtun, dass ausgerechnet eines der edelsten Getränke der Kulturgeschichte für diesen Irrsinn missbraucht wird. Denn „was muss ein Wein verbrochen haben, damit man ihn auf 75 Grad erhitzt, Zucker und Gewürze reinkippt und mittelalterliche Stadtsilhouetten aufs Etikett knallt“ fragte nicht zu Unrecht die Süddeutsche Zeitung in einer Wochenendausgabe.
Nun könnte man ja einigermaßen tolerant sein, und den Glühweinkult als zwar zweifelhaften, aber leider unausrottbaren Bestandteil der Weihnachtsmarktkultur verbuchen. Doch der Wahnsinn hat sich längst weitergefressen, bis in die Mitte der Konsumgesellschaft. Längst wird das Zeug auch in Flaschen und Tetrapacks abgefüllt und millionenfach in häuslicher Umgebung vertilgt.
Wie zur Verhöhnung eines jeden Weinfreundes gibt es mittlerweile auch ein „Premiumsegment“, den so genannten „Winzerglühwein“, auf dem die verwendete Rebsorte und manchmal sogar die Lage angegeben werden. Das Deutsche Weininstitut schreibt dazu in einer Pressemitteilung „Und jedes Jahr werden die Glühwein-Kreationen köstlicher. Kein Wunder, dass der heiße weinige Gewürztrunk sich zunehmender Beliebtheit erfreut, seit sich die Winzer zum Teil auf altüberlieferte, geheime Familienrezepte besinnen. Das Angebot an Glühweinen aus eigener Herstellung von Winzern, Genossenschaften und Kellereien wächst von Jahr zu Jahr.(..) Einige ökologisch arbeitende Betriebe bieten außerdem Bioglühweine an.“. Bisweilen wird sogar behauptet, bei guten Winzerglühweinen bleibe der Wein trotz Unmengen Zucker und kruder Gewürzmischungen „sensorisch erlebbar“. Alleine diese dreiste Werbelüge sollte für den Entzug der Gewerbegenehmigung reichen. Nicht umsonst empfahl der Münchner Barkeeper Stefan Gabany in einem Interview, statt Glühwein doch lieber gleich Motoröl zu trinken.
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