Mit Bach und Hirschkeule gegen den Wahnsinn

So langsam kommen anscheinend alle in die angemessene Weihnachtsstimmung. Unsere “besten Freunde und Verbündeten” outen sich jetzt auch offiziell als Schwerverbrecher, die jahrelang systematische Folter praktiziert haben. Und einige “unserer” osteuropäischen NATO-Verbündeten haben sich von den USA dafür bezahlen lassen, dass auch auf ihrem Territorium Foltergefängnisse eingerichtet werden. “Unserer” Regierung ist das herzlich egal. Es gibt sogar Lob für USA, dass sie endlich zugegeben haben, was ohnehin jeder wusste, der es wissen wollte. “Unsere” Regierung hat derzeit ohnehin Besseres zu tun. Z.B. das Streikrecht einschränken, wofür eigens vor ein paar Tagen vom Bundeskabinett ein “Tarifeinheitsgesetz” beschlossen wurde. Außerdem wird verzweifelt nach Wegen gesucht, wie man sich bei dem rechtsbürgerlichen Mob einschleimen kann, der derzeit vor allem in Dresden große Mobilisierungserfolge feiert.

Fast schon unwichtig, dass wir in Berlin jetzt einen neuen Regierenden Bürgermeister haben. Über ihn zu reden lohnt sich derzeit nicht. In zwei Jahren sollte man gucken, ob es für Geringverdiener mehr bezahlbare Wohnungen in der Innenstadt gibt. Daran muss Müller gemessen werden und nicht an diesem kafkaesken Flughafen. Die Widerstände gegen dringend benötigten Neubau in der wachsenden Stadt sind erheblich. In fast jedem Stadtteil trifft man auf sich “grün” oder auch “links” definierende Kiezchauvinisten, die sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, dass in ihrer Umgebung neuer Wohnraum entsteht. Seit dem erfolgreichen Volksentscheid gegen jegliche Randbebauung des riesigen Tempelhofer Felds hat diese asoziale Bagage ungeheuren Auftrieb.

Genug Gründe jedenfalls, um ausgiebig zu kotzen, am besten auf einem der unsäglichen Weihnachtsmärkte. Oder in einem veganen Supermarkt, denn dieses Klientel ist mittlerweile eine weitere Stadtplage. Kurz vor Weihnachten werde ich mich zu diesem Thema im “Neuen Deutschland” genüsslich ausbreiten, der Link wird rechtzeitig gepostet.

Und jetzt wird (fast) alles gut

Kommen wir zu den angenehmen Dingen. Obwohl ich das Weihnachtsoratorium von J.S.Bach seit bestimmt 50 Jahren kenne (auch schon selber gesungen) und unzählige teilweise großartige Versionen gehört habe, bin ich neulich auf eine Aufnahme gestoßen, die nach meinem Dafürhalten alles toppt. Unbedingt anhören und ansehen (auf You Tube) Selten so ein beseeltes Orchester (Kammerorchester Basel) und so einen inspirierten Chor (Camerata Vocale Freiburg) bei diesem Werk gesehen. Von den großartigen Solisten (unter anderem Nuria Rial) ganz zu schweigen. Kein Konzertpomp, sondern eine angemessene Weihnachtsaufführung vom 25.12. 2012 in der barocken Stadtkirche von Rheinfelden.

Wenn das derzeit recht umfängliche Arbeitsprogramm es zulässt, wird auch anständig gekocht und Wein getrunken. Am Wochenende stehen unter anderem Muscheln und Hirsch auf dem Programm (Schönen Gruß an die Veganer). Dazu gibt es zwei Weine von der Mosel, einen Weißburgunder von Stephan Steinmetz und einen Spätburgunder vom Weingut Arns. Spaßweine für kleinen Geld (6,60 bzw. acht Euro) “Spätburgunder von der Mosel für acht Euro???” höre ich die Weinsnobs entsetzt kreischen. Bitte erst probieren und dann pöbeln!

Dann steht noch ein Selbstversuch an, der mich in schwere genusspolitische Probleme stürzt: ICH WERDE GLÜHWEIN TRINKEN! (was ich ja bekanntlich seit Jahren am liebsten unter Strafe stellen würde). Ein mir bekannter und durchaus Ernst zu nehmender Winzer von der Mosel (Harald Steffens aus Reil ) besucht mich kurz vor Weihnachten in Moabit und will mich mit seinem Glühwein bekehren. Ich werde berichten….

4 Gedanken zu “Mit Bach und Hirschkeule gegen den Wahnsinn

  1. Die asoziale Bagage grüßt Moabit! Müller + Balcerowiak: No pasaran!

    • Die besten Söhne und Töchter der Moabiter Arbeiterklasse werden die kleinbürgerlichen Neubauverhinderer in die Schranken weisen – mit oder ohne Müller.

  2. Die Bach-Aufnahme ist sensationell, den Spätburgunder werde ich mal probieren. Aber verschont mich mit euren provinziellen Berliner Grabenkriegen.

  3. Ich verstehe ja seine Abneigung gegen Glühwein. Da wird teilweise Fürchterliches verbrochen. Nehme er mal einen guten Wein (der Spätburgunder ist schon mal ein Anfang), Glühweingewürz von einem kompetenten Händler (oder selbstgemischt, ich nehme an, seine Küche lässt das zu) und nicht zuviel Zucker, vielleicht revidiert er dann seine Meinung.

    Hier übrigens ein Rezept, dass ich beim Bummel im Internet gefunden habe und nur aus Zeitmangel noch nicht getestet habe:

    http://bit.ly/1zzWG0P

    Ich werde allerdings nur den Apfelsaft aufkochen. Sollte genügen, um das Karamell zu lösen. Und höchstwahrscheinlich verzichte ich auf den Orangensaft. Ich mag die trübe Optik nicht, die der Glühwein dann hat.