Junkfood-Salsa

Wie sich vielleicht herumgesprochen hat, wird mein in Kürze erscheinendes Buch den Titel „Der kulinarische Notfallkoffer“ tragen.  Das gleichnamige Kapitel hätte wesentlich länger ausfallen können, denn seit Manuskriptabgabe hatte ich weitere erschütternde Erlebnisse, welche die Notwendigkeit einer transportablen Notreserve an genießbaren Lebens- und Genussmitteln bestätigten.

So auch am vergangenen Sonnabend. Ich besuchte eine Party. Ausrichter und Zielgruppe des Events waren mir persönlich unbekannt, da ich in der Rolle des Begleiters zugegen war. Es stellte sich heraus, dass sich das Partyvölkchen – in Spitzenzeiten so um die 60-70 Personen – in erster Linie aus einer sehr speziellen Kreuzberger Tanzszene rekrutierte: SALSA! Ich tanze nie, dennoch alles sehr nett, wenn auch ein bisschen laut und so gar nicht mein Musikgeschmack, weil selbst vor M.Jackson, Abba und abgestandenem Latino-Pop mit den schrecklichen „Gypsy Kings“ als absolutem Tiefpunkt  nicht zurückgeschreckt wurde.

Macht alles nichts. Aber warum muss auf einer Versammlung irgendwie kulturbeflissener Menschen fast immer grauenhafter Wein gereicht werden?

Was haben Gäste verbrochen, denen man einen mumpfig-pappig-sauren Merlot aus der 2-Liter-Gallone kredenzt und als Alternative noch einen schaurigen Chardonnay ähnlicher Güteklasse anbietet? Warum bringt jemand einen Tomatensalat mit, der mit weißen, gummiartigen Krümeln verunstaltet wurde, bei denen es sich wohl um etwas handelte, was unverschämterweise als Mozzarella verkauft werden darf? Wie kann man – ob Tänzer oder nicht – auf die Idee kommen, in einen weiteren  Salat Dosenmais zu kippen? Was haben Negerküsse und klitschige Küchen auf dem Buffet einer abendlichen Party zu suchen?

Niemand erwartet Sellerieschaum, Hummersülze und Foie gras auf einem Partybuffet. Aber müssen es denn wirklich Pseudo-Mozzarella, Dosenmais und Negerküsse sein?

Auf diese Fragen gibt es keine Antwort, aber eine Lösung: Den kulinarischen Notfallkoffer (KNK).   Erstmals setzte ich ihn beim Geburtstag eines bekannten Westberliner Arbeiterführers ein. Er enthielt einige Austern, eine im Estragon- Chili-Honigmantel geschmorte Wachtel, ein paar in Knoblauch und Koriander marinierte Großgarnelen, ein bisschen Rohmilchkäse sowie dazu passenden Wein.

Neben entsetzten Urteilen wie „Unverschämtheit“ und „dekadenter Snobismus“ erntete ich bei meiner direkt neben dem Buffet zelebrierten Selbstversorgung auch interessierte Nachfragen. Auf diesem Wege konnte ich meine Mission als Botschafter des guten Geschmacks erfüllen. Seitdem wissen diverse Sozialaktivisten der Hauptstadt, wie man eine Wachtel anständig schmort. Und auch einige der härtesten Kritiker meines Auftrittes baten heimlich um ein Gläschen von den mitgebrachten Weinen, um eine kleine Wachtelkeule oder eine Auster.

Seitdem besuche ich kaum noch eine Party ohne meinen KNK. Und falls ich dennoch mal darauf verzichte, werde ich – wie am Sonnabend – entsprechend bestraft. Das soll mir eine Lehre sein!

 

Ein Gedanke zu “Junkfood-Salsa

  1. Leider ist kreativität in der Küche sehr selten zu finden. Gerade, wenn man etwas auf eine Party mitbringen soll geht es oft darum, schnell und günstig etwas auf den Tisch zu stellen. Austern und Wachteln sind da leider meißtens nicht im Budget enthalten!
    Außerdem essen die meißten doch eh nichts vom Buffet und alles landet nach der Party in der Tonne, oder? So ist es (leider!) jedenfalls auf den Veranstaltungen, die ich besuche.
    Aber eine tolle Idee mit dem KNK! Sollte sich jeder einen zulegen.
    Lg aus dem Norden!
    Nena