In einigen vinophilen Kreisen hat die heftige Schlammschlacht zwischen Manfred Klimek und seinem Ex-Geschäftspartner bei “Captain Cork” für Furore gesorgt. Ich wurde hier und da gefragt, wie ich die Sache denn sehe, oder auf welcher Seite ich denn stünde. Vorschnelle Bekenntnisse gehören allerdings nicht unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Aber eh ich weiter genervt werde, dann doch mal meine möglichst unaufgeregte Sicht der Dinge.
Skurrile Auseinandersetzungen zwischen Klimek und seinem alten Freund Marcus Johst sind für mich nichts Neues. Als mich Johst vor einigen Jahren als “Linkslotsen” für das Schiff anheuerte, war der Captain gerade öffentlich grantelnd von Bord gegangen. Auch damals dauerte es nicht lange, bis ich Randzeuge schwer zu verstehender Schlammschlachten wurde. Ich erinnere mich gut an einen Tag irgendwann im Herbst 2011, als mich Klimek und Johst kurz hintereinander anriefen, um mir jeweils mitzuteilen, dass sie die alleinige Entscheidungsgewalt über das Unternehmen hätten und dies auch gerichtlich bestätigt sei.
Mich hat das alles immer nur am Rande interessiert und auch nicht sonderlich schockiert. Als Politikredakteur in dem linken Sekten-Blättchen “Junge Welt” war vergleichbarer Irrsinn für mich schließlich fast alltäglich. Jedenfalls rauften sich die beiden wieder zusammen, Klimek wurde wieder Chefredakteur und ich blieb auch an Bord.
In ruhigen Gewässern schipperte das Schiff wohl zu keiner Zeit, entsprechende Geduld beim Warten auf Honorare gehörte – nicht nur für mich – stets zum Geschäft. (Und das nicht nur auf dem Schiff). Zwischenzeitlich heuerte mich Klimek als Ko-Autor für das “Captain Cork-Buch” an; eine Art publizistisches Himmelfahrtskommando, da die Texte schon wenige Wochen später fertig sein sollten. Aber es hat irgendwie funktioniert – und trotz Chaos auch Spaß gemacht.
Anfang 2014 ging der Captain erneut von Bord und gab seine Anteile an einen neuen Kompagnon von Marcus Johst ab. Sporadisch war dann die Rede von einem neuen Projekt, von dem ich aber nie etwas Konkretes hörte. Irgendwann muss dann das juristische Scharmützel begonnen haben, über dessen Ausgangspunkt und Verlauf es verschiedene Darstellungen gibt, deren Realitätsgehalt für einen Außenstehenden nicht so ohne Weiteres zu verifizieren ist. Anscheinend geht es um den gegenseitigen Vorwurf der Käuflichkeit im Zusammenhang mit Weinbesprechungen. Dazu kommen wohl urheber- und vertragsrechtliche Streitigkeiten. Man bombardiert sich mit Unterlassungserklärungen und vergleichbaren Schriftsätzen; das Ganze ist mittlerweile ein einträgliches Geschäft für diverse Anwälte.
Bei Facebook machte Klimek mächtig Dampf, mit teilweise bitteren und bösen, aber auch durchaus witzigen Untertönen. Klimek halt. Warum er es darauf anlegte, Scharen von Claqueuren zu gewinnen, weiß ich nicht, denn nötig hat das ein so guter und rastloser Schreiber eigentlich nicht. Aufforderungen, Captain Cork jetzt massenhaft bei Facebook zu “disliken” finde ich pubertär, und dass einige seiner Jünger meinten, sich in Anspielung auf die Reaktionen auf das Massaker in der Redaktion der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo nunmehr als “Je suis Klimek”- Community definieren zu müssen, war einfach nur geschmacklos und dumm.
Wir gesagt: Ich werde mich an keinerlei Distanzierungs- oder Loyalitätsritualen beteiligen. Das könnte sich ändern, wenn sich Vorwürfe der Bestechlichkeit entweder erhärten oder als haltlose Verleumdungen herausstellen sollten. Ansonsten bin ich aus der Geschichte ohnehin ziemlich draußen. Mit dem “neuen Stil” bei Captain Cork, also der jetzt dort angesagten Art der Weinauswahl und Weinbesprechung kann ich wenig anfangen, auch wenn sie – wie behauptet – ökonomisch erfolgreich ist. Und was der Captain abgesehen von seinen zahlreichen Soloauftritten vor hat, weiß ich nicht.
In die Häme und Hetze gegenüber dem Schiff mag ich allerdings nicht einstimmen. Captain Cork ist ein gewinnorientiertes kleines Medienunternehmen, das als Zielgruppe nicht den “Weinfreak” sondern den “gemeinen Weintrinker” im Auge hat. Das, was dabei publizistisch herauskommt, muss man nicht mögen, legitim ist es aber allemal.
Die kommerzielle Weinblogger-Szene ist derweil kontinuierlich größer geworden. Geld verdienen kann man dort nur, wenn man entweder massiv Werbung aquiriert und/oder Beteiligungsdeals für Bestellclicks an Land zieht. Oder Deals einfädelt, die deutlich unappetlicher sind. Zudem hat diese Szene – von wenigen Ausnahmen abgesehen – etwas sehr Selbstreferenzielles und einen gewissen Hang zur Inzucht. Mit meinem Verständnis von Wein als Kulturgut und Genuss als Akt der persönlichen und sozialen Emanzipation nicht nur für betuchte Connaisseure hat das wenig bis nichts zu tun. Ich habe in den vergangenen Jahren unzählige Geschichten über Wein geschrieben, oder Wein in Geschichten über andere Themen eingebaut. Wenn es dafür keinen Markt außerhalb werberelevanter Artikel gibt, dann ist das eben so, dann beschränke ich mich eben auf meinen nichtkommerziellen (und ganz gut verbreiteten) Privatblog und verdiene meine Brötchen in anderen Gefilden. Und wenn mich jemand als Artikel- oder PR-Schreiber haben will, dann kann er mich anrufen oder eine Mail schicken.
Jedenfalls habe ich keinen Bock auf dieses öffentliche Gehacke zwischen zwei alten Freunden und Geschäftspartnern (wobei sich Johst ziemlich zurückhält). Auch der Snobismus und die Protzerei von Teilen der Weinbloggerszene ist mir zuwider. Als wohltuend würde ich hingegen empfinden, wenn ein bisschen offener über die schmierige Grauzone zwischen Besprechungen und bezahlter PR geredet werden würde. Aber das wäre vermutlich geschäftsschädigend.