Es gibt fast nur Schönes zu betrachten, Fast, aber dazu komme ich später.
Am Freitag bin ich NICHT in mein Büro gegangen, um vereinbarte Artikel zum deutschen Weingesetz, zur Kulturignoranz der Linken am Beispiel von J.S.Bach und zum asozialen Kiezchauvinismus der Neubaugegner in Berlin zu schreiben. Denn das hat noch ein paar Tage Zeit, während es in Wandlitz höchste Eisenbahn wird, den letzten Wintermüll auf dem Grundstück zu beseitigen und Salat, Kohl und Gemüse zu pflanzen. Demzufolge habe ich mich auch NICHT am Start des Mietenvolksbegehrens am Sonnabend beteiligt, das ich natürlich trotz einiger Bauchschmerzen unterstütze.
Entdeckt habe ich in der vergangenen Woche ferner ein tolles Internet-Projekt. Die Niederländische Bachgesellschaft hat vor einem Jahr begonnen, jeden Freitag ein Werk von J.S.Bach ins Netz zu stellen, als Live-Video mit gutem Klang nebst umfangreichen Informationen zu Stücken und Interpreten. Das soll fortgesetzt werden, bis alle 1080 im BWV registrierten Werke online sind, wird also noch rund 20 Jahre dauern. Leider kann man die Videos weder kopieren, noch die Tonspur extrahieren, aber es könnte zu einem schönen Ritual werden, sich an jedem Wochenende den „aktuellen“ Bach anzuhören. Und vielleicht kann mir ja irgendein Nerd mal nen Tipp geben, wie man die Musik vielleicht doch speichern kann. Diesmal war übrigens die Messe in g-moll an der Reihe.
Gegessen wurde natürlich auch, unter anderem frischer Havel-Flussbarsch, ein aufgrund seiner Grätenstruktur nicht sonderlich beliebter und entsprechend selten erhältlicher einheimischer Speisefisch, der aber großartig schmeckt. Keine Faxen; einfach salzen, pfeffern und ein bisschen Bärlauch in die Bauchhöhle.
Am Sonntag folgte der nächste Kick, der so langsam auch Ritualcharakter bekommt: Ab ins Poststadion zum Moabiter Regionalligisten BAK 07, der es diesmal mit dem Vorjahresmeister TSG Neustrelitz zu tun hatte. Es hätte alles so schön werden können. Die Moabiter begannen schwungvoll in ihrem „Wohnzimmer“, ein krachender Lattenschuss von Atakan Yigitoglu in der 10. Minute war die erste von mehreren guten Chancen. Doch wer diese nicht nutzt, wird bestraft, und so ging die TSG in der 41.Minute in Führung und legte kurz vor dem Halbzeitpfiff nach.
In der 2. Hälfte fehlte dem BAK offenbar der Glauben an eine Wende, viel versprechende Angriffe hatten Seltenheitswert. Mit einem mustergültigen Konter markierten die Gäste in der 67.Minute den 3:0-Endstand. Doch trotz der „Klatsche“: Es ist immer wieder schön im Poststadion, diesem Sport-Kleinod im Herzen der City. Und natürlich verdient der BAK trotz Niederlage auch weiterhin die Unterstützung aller Moabiter: Schließlich will man in nicht allzu ferner Zeit in die 3.Bundesliga aufsteigen .
Natürlich gab es in den letzten Tagen auch wieder jede Menge Bullshit. Um den Titel des Widerlings der Woche bewarben sich etliche Prominente. Unumstrittener Sieder diesmal „unser“ Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD). Zum Besuch des griechischen Präsidenten Alexis Tsipras in Russland und einer möglichen engeren Kooperation dieser beiden Staaten sagte Schulz der Bild-Zeitung am MIttwoch: „Griechenland verlangt und bekommt von der EU Solidarität. Dann können wir auch verlangen, dass sie aus gemeinsamen Maßnahmen nicht ausscheren.“ Ich halte meine Leser für intelligent und politisch gebildet genug, um den Zynismus dieser Aussage hier nicht weiter erläutern zu müssen. Wer da noch Lücken hat: Dieser dreiminütige ZDF-Crashkurs aus der Anstalt sollte reichen.
Platz 2 belegte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Zum ohnehin recht zaghaften Plan der Bundesregierung, alte Kohledreckschleudern mit einer Klimaabgabe zu belasten, um die Vorgaben zur Reduktion des CO2-Ausstoss einhalten zu können beschwor Bsirske wieder mal den Untergang ganzer Regionen. Diese Gewerkschaftsschwachmaten kommen anscheinend nie aus ihrer reaktionären Logik raus. Man denke an die IG Metall, die sich mit der „Arbeitsplatzkeule“ stets für Rüstungsexporte und neuerdings auch für den Bau von unbewaffneten Kampfdrohnen ausspricht. Oder die IG BCE, die schärfere Schadstoffrichtlinien für die Chemieindustrie ebenso vehement bekämpft, wie sie das Freihandelsabkommen TTIP bejubelt. Gut im Rennen auch die Hamburger Grünen, die für ein paar Senatorenposten gerne die Elbvertiefung und die Olympiabewerbung durchwinken wollen.
Was soll’s: Das Leben geht weiter, in Wandlitz nimmt der Frühling so langsam Fahrt auf, im Poststadion gibts ansehnlichen Fußball und in der nächsten Woche steigt meine Spargelpremiere. Was will man eigentlich mehr.