Winepartys im Schlaraffenland sind langweilig

Es gibt Menschen, die feiern ihr Winepartys im Schlaraffenland. Dort wachsen die 50- und 100-Euro-Scheine an den Bäumen, Große Gewächse, Grand Crus und Supertoscans kommen aus der Leitung. Was der Pöbel – also alle die, die in dieser Liga nicht mitspielen können – so trinkt, interessiert auf diesen Partys keine Sau.

Ich kenne eigentlich niemanden, den dieses selbstreferenzielle, diffuse Connaisseurtum interessiert. Und ich glaube auch nicht an große Weine an und für sich, sondern an die richtigen Weine zur richtigen Gelegenheit. Ich kann es auch nicht mehr hören, dass irgendein Über-100-Euro-Tropfen „jeden Cent wert ist“. Wenn es ein Winzer bzw. seine PR-Agentur schafft, einen Wein in dieser Liga zu etablieren – gratuliere! Aber keiner soll mir was von „WERT“ erzählen.

Bei mir und meinen meisten Freunden und Bekannten wächst das Geld jedenfalls nicht an Bäumen, sondern muss mehr oder weniger mühsam erarbeitet werden. Guten Wein trinken und gut essen wollen wir trotzdem. Und das ist gar nicht so schwer.

Das musste mal wieder gesagt werden. Und jetzt wird gekocht und getrunken. Schluss oder wenigstens Pause mit den ständigen Spargelorgien, es ist mal wieder Zeit für ein anständiges Curry, oder besser gleich zwei. Eine eher mildere, grüne Variante mit Hühnchen, bei der u.a. Koriander, Zitronengras, Kaffir-Limonenblättern und Kokosmilch eine Rolle spielen, sowie ein etwas schärferes, rotes, indisches Exemplar mit Fisch, bei der nicht mit Kurkuma, und Chilis gegeizt werden sollte. Ich mache heute aber nicht den Rezept-Onkel.

Dazu trinkt man in der Regel feinherbe Weißweine mit ausgeprägter, reifer Frucht und stabiler Säure, aber ohne Holzgeschmack. Fette Chardonnays müssen leider draußen bleiben, Bukettsorten wie Traminer und Muskateller sind dagegen hoch willkommen. Und so manch feinherber Riesling von der Mosel ist ebenfalls wie geschaffen für Currys.

Drei Weine haben wir zu den beiden Currys probiert, nicht in der Aldi-Bölkstoff-Preisklasse angesiedelt, aber man braucht auch keine nachwachsende Geldscheine im Garten. Konkret: Rund um die zwölf Euro, bzw. sechs Euro für eine halbe Flasche (beim Luxemburger)

Noch recht ungestüm und dezent hefig kommt der Muskateller Würzburger Abstleite 2014 vom Juliusspital (Franken) daher. Kräftiger, warmer Muskatton, viel reife, gelbe Frucht am Gaumen, die von der knackigen Säure gut ausgependelt wird

Der Josephshöfer Riesling Kabinett feinherb 2013 vom Weingut Reichsgraf von Kesselstatt spielt auf der kompletten Mosel-Klaviatur(Mosel). Mango, Pfirsich, Aprikose, dazu straffe Mineralität und knackige Säure. Kann einiges an Schärfe kompensieren

Nur ein paar Dutzend Kilometer weiter, aber dennoch fast mit Exotenstatus ausgestattet bewirtschaften Laurent& Rita Kox in Luxemburg u.a. einige Grand Premier Cru – Lagen in Remich und Umgebung. Wer schon immer mal wissen wollte, wie Gewürztraminer auf Muschelkalk geht, wird hier fündig.. der Grand Premier Cru Remich Primerberg 2009 ist auch nach fünf Jahren noch taufrisch und verspielt. Feiner Rosenduft, eine Spur Litschi und Melone und ein wenig reifer Apfel begrüßen die Sinne. Später fühlt man sich an sehr gutes, nicht allzu süßes Marzipan erinnern. Und wie es sich für einen anständigen Luxemburger gehört, hat auch dieser Gewürztraminer ausreichend Säure, um jeden Anflug vom Klebrigkeit sofort zu verscheuchen.

Obwohl sich das viele Menschen (vor allem bei Winepartys im Schlaraffenland) gar nicht vorstellen können, soll es aber sogar Menschen geben, für die auch 12 Euro für eine Flasche Wein out of space sind. Diesen Genussfreunden seien zum Curry die großartigen halbtrockenen Kabinett-Weine vom Weingut Didinger (Mittelrhein) empfohlen, die rund um sieben Euro kosten. Der 2013er Jahrgang ist fast ausverkauft, aber 2014 wird in Kürze gefüllt. Mit rund sieben Euro ist man dabei und wird aus dem Staunen kaum noch herauskommen. Ich freue mich schon darauf. Und jetzt wird getafelt.

 

 

 

 

 

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