Mit Elbling auf Berlin-Flucht

Deutschland ist schon ein erstaunliches Land. Kein Beckenbauer, kein Niersbach, kein Zwanziger und kein Sportminister hat gewusst, dass der Weltfußballverband FIFA auf systematischer Korruption basiert. Und natürlich soll bei der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland (das „Sommermärchen“) ausnahmsweise alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Har, Har!

Unglaublich aber auch ein anderer aktueller Vorgang. Seit dem 1.Juni gilt – zunächst nur in Berlin – das Gesetz zur so genannten Mietpreisbremse. Demnach dürfen in Städten oder Regionen mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ die Mieten bei Neuverträgen nur noch maximal zehn Prozent oberhalb des jeweiligen Mietspiegels liegen, der die ortsübliche Vergleichsmiete definiert. Dass die Immobilienlobby das nicht gut findet ist nachvollziehbar, aber dass der Spitzenverband „Haus&Grund“ seine Mitglieder öffentlich dazu aufruft, das Gesetz zu ignorieren, ohne dass das Konsequenzen hat, sagt Einiges über die Machtverhältnisse in Deutschland aus.

Ansonsten haben wir in Berlin unter anderem einen neuen Erzbischof (interessiert niemanden), eine neue Stadtteilvertretung in Moabit, der ich nicht mehr angehöre (interessiert ebenfalls niemanden), das Ende der Günther Jauch-Talkshow zum Jahresende ( ein barmender Schnarchsack weniger im TV) und ein Champions-League-Finale mit riesiger Fanmeile, aber ohne Public Viewing (vollkommen gaga). Dazu brüllende Hitze und drohende Unwetter am Sonnabend.

Elbling auf der Terrasse in Wandlitz – eine echte Alternative zum Berliner Wochenendwahn

Höchste Zeit, die Stadt wieder Richtung Landsitz zu verlassen. Wandlitz hat weder einen Erzbischof, noch eine von der „grünen Pest“ dominierte Stadtteilvertretung, die sich mit Händen und Füßen gegen Wohnungsneubau im Kiez wehrt. Hier gibt es keine Talkshows und keine Fanmeile. Dafür gibt es einen Biobauern mit guten Eiern und Kartoffeln, Salat und die ersten Erdbeeren aus dem Beet und rund 20 neue Maulwurfshügel. Dazu noch Blütenpracht vor der Terrasse, vielversprechende Weinstöcke und natürlich Elbling im Kühlschrank.

Eigentlich ist mir ziemlich egal, ob ein Wein mit den Füßen gestampft oder normal gekeltert wird. Hauptsache, er schmeckt. Und das tut der „Rhäifrensch“ 2013 von der Domaine Laurent&Rita Kox in Remich (Luxemburg). Stark ertragsreduziert, sehr spät gelesen und fußgestampft scheint eine gelungene Kombination zu sein. Leicht, sehr trocken, knackige Säure aber mit für Elbling-Verhältnisse ungewöhnlich ausgeprägter erdiger Würze überzeugt mich dieses hochsommerliche Tröpfchen nahezu restlos. Ein wenig Pfirsich und blumige Noten hat er auch noch zu bieten. Allen Spöttern zum Trotz sei nochmals ausgerufen : Hurra Elbling!

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