Fast könnte man meine, es wehe gerade so ein bisschen Atem der der Geschichte durch Deutschland. Doch das täuscht. Im bayrischen Luxushotel Schloss Elmau treffen sich nicht die Mächtigen dieser Welt, sondern nur deren Handlanger, um nach Abschluss der 200-Millionen-Sause ein paar gestanzte Allgemeinplätze über Frieden, Wachstum, Stabilität, Werte und Klima zu verbreiten.
Dann haben wir noch ein paar Rücktritte. Gregor Gysi hört im Herbst als Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag auf. Seine Passion, die Linke umfassend an die SPD anzubiedern, um endlich mitregieren zu dürfen, werden dann halt andere übernehmen. Unter dem Motto: Krieg und Altersarmut werden erst mit der Linken so richtig schön.
Auch bei der Deutschen Bank werden Stühle gerückt. Die beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen räumen ihre Posten. Die Besitzer der Bank werden schon jemanden finden, der ihre Renditeinteressen künftig optimal umsetzt.
In Berlin wurde am Sonnabend Fußball gespielt. Im Champions-League-Finale gewann der FC Barcelona verdient mit 3:1 gegen Juventus Turin. Hunderttausende Fans haben die Stadt inzwischen wieder verlassen, nicht ohne besonders in der Innenstadt einen gigantischen Müllberg zu hinterlassen. Dessen Beseitigung ist in den 50 Millionen, die sich die Hauptstadt diese Sause kosten ließ, noch gar nicht eingerechnet. Bezeichnend, dass sich just am Finaltag Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) in der Berliner Zeitung zu Wort meldete und die Ziele des laufenden Mieten-Volksbegehrens, zu denen auch die einkommensabhängige Kappung der Mieten im sozialen Wohnungsbau und in den kommunalen Wohnungsbeständen gehört, als „zu teuer“ ablehnte.
Für mich gab es am Sonntag immerhin noch ein kulinarisches Highlight der besonders bodenständigen Art und noch dazu zufällig. Ich bekam eine kleine Flasche bestes brandenburgisches Bio-Leinöl geschenkt, und sofort machte es „Klick“: Pellkartoffeln, Quark, Schnittlauch, Zwiebellauch, Schalotten und Leinöl – gibt’s eigentlich was Besseres im Sommer? Nein, gibt es nicht, konnte ich am Nachmittag feststellen.
In der Regel pflege ich zum Essen passenden Wein zu trinken, gerne auch ungewöhnliche Kombinationen. Zu Weißwürsten, Eisbein mit Sauerkraut und Käsekuchen ist mir schon mal was eingefallen, aber bei Quark mit Leinöl und Pellkartoffeln lege ich die Karten. Also Bier. Und in Berlin, der Hauptstadt der „Spätis“, ließ sich auch am Sonntag mühelos ein „Pilsener Urquell“ auftreiben.
In den nächsten Tagen habe ich reichlich zu tun. Doch langsam wird es Zeit, in den „Bach-Modus“ umzuschalten, denn am kommenden Freitag beginnt das Bachfest in Leipzig, dem ich wie stets beiwohnen werde. Eine bessere Gelegenheit, die Seele baumeln und durchpusten zu lassen, gibt es nicht. Ich werde berichten.