Resteessen

Wer regelmäßig kocht und einen einigermaßen guten Kühlschrank hat, verfügt eigentlich stets über einen reichen Fundus von bereits vorbereiteten Lebensmitteln, die sich hervorragend für die Zubereitung neuer Mahlzeiten eignen. Das Huhn war ein bisschen üppig? Macht nichts, fabrizieren wir einfach am nächsten Tag einen schönen Salat mit Erbsen und Joghurt oder ein Curry. Gekochte Kartoffeln sind übrig? Mal wieder Zeit, anständige Bratkartoffeln mit Rosmarin zu machen. Zu viel Bouletten gebraten? Ab ins Einsfach. Auch für überschüssiges Gemüse und Reis sind diverse Zweitverwertungen denkbar. So manch traditioneller Eintopf und auch Pfannengerichte basieren auf der Idee, wertvolle Lebensmittel nicht zu entsorgen, sondern weiter zu verwenden.

Auch wer sich beim Obstkauf ein wenig überschätzt hat, wird ja wohl noch ein anständiges Schraubglas auftreiben können, um die von Fäulnis bedrohten Früchte rechtzeitig zu Mus oder Kompott einzukochen.

Sehen nicht mehr so richtig schön aus, die leckeren Brandenburger Äpfel. Aber wozu gibt es Kompottgläser?

Das alles scheint furchtbar altmodisch zu sein. Pro Kopf werden in Deutschland pro Jahr durchschnittlich knapp 82 Kilo Lebensmittel weggeschmissen, die Hälfte davon uneingeschränkt genießbar. 61 Prozent entfallen auf Privathaushalte. Der Wert dieses „Bio-Mülls“ wird auf 21,6 Milliarden Euro geschätzt. Kleinste Druckstellen an Obst und Gemüse veranlassen sowohl Groß- und Einzelhändler, als auch Privathaushalte zum sofortigen Gang zur Tonne – der allgegenwärtige Schönheits- und Jugendwahn ist längst in Supermärkten, Bioläden und Kühlschränken angekommen. Auch bei Brot hat das dazu geführt, dass dieses binnen 24 Stunden unverkäuflich wird. Geringfügige Überschreitungen des Mindesthaltbarkeitdatums (MHD) lösen ebenfalls sofortige Wegwerfreflexe aus, besonders bei Milchprodukten. Bislang hat sich offenbar nicht rumgesprochen, dass das MHD wenig über die Genießbarkeit eines Lebensmittels aussagt, anders als das Verbrauchsdatum, welches z.B. bei Hackfleisch angegeben wird.

Ich könnte jetzt die Moralkeule schwingen, von wegen Hunger in der Welt und so. Mache ich aber nicht. Vielmehr konstatiere ich einfach die unglaubliche Dummheit, Faulheit und Borniertheit vieler Zeitgenossen, die sich ja nicht nur im Umgang mit Lebensmitteln zeigt. Das ist recht ernüchternd. Manchmal hilft dann ein Blick in meinen Kühlschrank und die Vorfreude auf ein schmackhaftes Resteessen.

 

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