Die Erkenntnis traf mich am Freitag so gegen 12,20 Uhr in Wandlitz-Stolzenhagen wie ein Blitzschlag: ICH BIN OFFLINE!! D.h. keinen Artikel für das „Neue Deutschland“ über die Schlichtung im Kita-Tarifkonflikt schreiben, keine Besprechung eines fränkischen Spätburgunders, keine dringend erwarteten Mails, kein Facebook, keine Blogs, keine News. Mein UMTS-Stick, ohne den bei Aufenthalten auf dem Wandlitzer Landsitz keine Verbindung mit der digitalen Welt möglich ist, liegt irgendwo in der Moabiter Wohnung.
Was tun? Sofort umkehren oder den riskanten Versuch wagen, ca 50 Stunden analog zu leben? Droht vielleicht ein Offline-Schock mit nervösen Magenkrämpfen und Schweißausbrüchen? Werde ich kommunikationstechnisch unwiderbringlich angehängt?
Schweren Herzens und voller Bedenken habe ich mich für Zweiteres entschieden. Eine gute Entscheidung. Schließlich findet der ganze Irrsinn auch ohne mich statt, und immerhin verfüge ich hier über ein Radio (wahrscheinlich wissen viele gar nicht mehr, was das ist).
Nach einer Nachrichtenschleife hatte ich die Faxen ohnehin dicke. In Frankreich und Tunesien haben die Gotteskrieger wieder zugeschlagen und in Freital tobt der rassistische Mob. Moralische Unterstützung bekommt dieser sächsische Abschaum von diversen europäischen Regierungschefs, die sich weigern Flüchtlinge aufzunehmen. Auch die massive Erpressung Griechenlands wird unerbittlich fortgesetzt.
Hier ist alles wieder mal ziemlich entschleunigt. Zwar gibt es auch in Wandlitz-Stolzenhagen eine Form von Terror, aber die beschränkt sich auf eine fiese brandenburgische Schneckenbrigabe, die mittlere Verwüstungen in meinem Salat- und Gemüsebeet angerichtet hat. Ansonsten alles im grünen Bereich, was durchaus wörtlich zu nehmen ist.
Und überhaupt: Ein Leben ohne Internet ist abscheinend möglich (jedenfalls 50 Stunden), aber ohne anständiges Essen und einen guten Wein dazu wäre es richtig bitter. Meinen UMTS-Stick habe ich in Berlin vergessen, die frischen Sardinen und die „Linda“-Kartoffeln glücklicherweise nicht. Im hiesigen Keller harrt zudem schon seit einiger Zeit der aktuelle Kekfrankos-Rosé von Horst Hummel einer eingehenden Prüfung. Und wenigsten haben die Terror-Schnecken meine Erdbeeren verschont. Wozu brauche ich jetzt eigentlich noch das WWW.