Warum nicht auch in Wandlitz den Tag mal mit einer Bach-Kantate beginnen. Ich hatte mich für „Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben” (BWV 102) entschieden. Dazu ein kleines Frühstück auf der Terrasse, und dann ist es Zeit für ein Bad im See, bevor die Tagesausflügler aus Berlin kommen. Doch um halb neun hat man die kleinen Liegewiesen und Badebuchten noch ganz für sich alleine.
Danach beginnt die Arbeit des Datschisten: Bohnen ernten, Maulwurfshügel abtragen, Weinstöcke anbinden, Rasen mähen, wässern. Seit Wochen hat es hier nicht mehr anständig geregnet, zusammen mit der Hitze ist das eine harte Belastung für die Natur. Dennoch: Fürs Essen ist der Tisch hier reich gedeckt. Kartoffeln und Eier gibt’s beim örtlichen Biohof, mein Beet bietet derzeit Gurken, Tomaten, Bohnen, Kohl und alle erdenklichen Kräuter, um die Ecke wachsen Mirabellen und Wildpflaumen für den Nachtisch. Danach nochmal zum See, denn jetzt sind die Berliner wieder auf dem Heimweg.
Wenn die Sonne untergeht, wird es still, wenn nicht gerade in einem der Ortsteile von Wandlitz eines jener berüchtigten Dorffeste stattfindet. Dann allerdings trägt der Wind alten Ostrock und manchmal gar Helene Fischer auch in mein Idyll. Doch diesmal hab ich Glück gehabt. Um 22,30 hört man nur das Warnsignal der Regionalbahn, die sich dem drei Kilometer entfernten Bahnhof Wandlitzsee nähert, und manchmal fällt auch ein Schuss, der Ausgangspunkt für einen leckeren Reh- oder Wildschweinbraten war. Doch ansonsten nur Rascheln und Zirpen.
Das ist die Zeit für ein gutes, passendes Glas Wein auf der Terrasse, z.B. einen Elbling von Stefan Steinmetz. Natürlich könnte jeder entsprechend konditionierte Weinschreiber so Einiges in diesen Wein rein interpretieren. Ist da nicht ein wenig grüner Apfel? Oder Quitte? Hat er nicht dezente vegetabile Noten und eine Spur Limettenschale im Säureknack? Doch ich halte es da lieber mit dem Winzer. Angesichts des Klimawandels und des Weingeschwätzes sagt er über seinen Elbling: „Das ist ein Wein der Zukunft: Flasche aufmachen, Beine hochlegen, trinken und sich freuen, wie gut es einem geht“. Habe ich genau so probiert. Hat funktioniert.