Warum ich kein Geld für Flüchtlinge gespendet habe

An einem eher trüben Tag, der sich mit zähflüssigen Recherchen zur Arbeitszeitdebatte in den Spartengewerkschaften auch recht dröge anließ, kann man positive Überraschungen ganz gut gebrauchen. Wie z.B. ein komplett vergessenes Honorar, das plötzlich auf meinem Konto auftauchte. Keine Summe für lang anhaltende Freudensprünge, aber immerhin genug, mal wieder über eine kleine Spende nachzudenken. Da würde es nahe liegen, die von mir angepeilten 50 Euro der mittlerweile überregional bekannten Initiative „Moabit hilft“ zukommen zu lassen, über die ich bereits berichtet habe. Denn die hat nicht nur dafür gesorgt, dass die skandalösen Zustände vor der für ganz Berlin zuständigen Erstaufnahmestelle für Flüchtlingen in Moabit einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis gelangen und somit die Verantwortlichen zum Handeln gezwungen wurden. Die vielen ehrennamtlichen Helfer waren auch vor Ort und haben für die verzweifelten, erschöpften Menschen, die anfangs tagelang in der brütenden Hitze auf die Registrierung warten mussten, Essen und Trinken besorgt.

Doch derzeit ist „Moabit hilft“ everybodys darling, und das ist auch gut so. Aber kein Mensch spricht in Deutschland derzeit mehr von der humanitären Katastrophe in Griechenland, die durch die Spardiktate der EU ausgelöst wurde und sich weiter verschärfen wird, Schäuble sei Dank. Fast ein Drittel der Bevölkerung ist dort nicht mehr krankenversichert. Sie erhalten keine Medikamente, werden nicht operiert, die Kindersterblichkeit ist rapide gestiegen. Einige Ärzte haben ehrenamtlich Notfallambulanzen für diese Menschen aufgebaut und brauchen dringend Geld für Medikamente und andere Hilfsmittel

Ich sehe das ganz nüchtern und ohne Vorwurf: Auch die Empörungs- und Empathiewellen verlaufen anhand von Mainstream-Trends, und Griechenland ist da gerade „out“. Ich mag jetzt auch nicht darüber diskutieren, ob Alexis Tsipras die Griechen verraten hat. Ich habe einfach 50 Euro an der Berliner Forum Griechenlandhilfe überwiesen. Und die ersten drei, die mir folgen, bekommen von mir ein handsigniertes Exemplar von meinem 2. Buch („Der kulinarische Notfallkoffer“) zugeschickt. (bitte Nachricht an genussblog@email.de oder eine PN via facebook).

Einfach, billig und genial: Semmelknödel mit Wildschweinsoße.

Ansonsten habe ich jetzt eine weitere Bastion der “gehobenen Hausfrauenküche” im Sturm erobert. Auf den Tisch kommen heute meinen ersten selbst fabrizierten Semmelknödel. Ganz klassisch: Altes Brot, Milch, Eier, Butter, Petersilie, Salz, Pfeffer, Muskat. Als einzige Verfeinerung noch ein paar getrocknete (und natürlich dann aufweichte) Sandpilze aus meinem Garten. Hat auf Anhieb wunderbar geklappt und wird jetzt öfter passieren. Dazu ein eingefrorener Rest Wildschweinsoße und ein Sangiovese aus der Toskana, und man kann mal für einen Moment an was anderes als das allgegenwärtige Elend denken. Schließlich ist Genuss auch eine Form von mentaler Notwehr.

 

 

 

 

 

 

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.