Am Sonnabend morgen wird man in Berlin-Moabit eigentlich immer mit Musik begrüßt. Bei Wind und Wetter zieht ein Roma-Trio durch die Seitenstraßen. Mit Trompete, Akkordeon und einer Handtrommel wird dem halbgentrifizierten Stadtteil ein wenig Leben eingehaucht. Ich habe den Eindruck, dass diese Musiker im Laufe der Jahre immer besser geworden sind. Geboten wird eine Art Medley aus populären Melodien (z.B. „When the Saints“ ) und einfachen Tanzstücken, stets mit leichtem „Balkan-Groove“. Irgendwie ist das auch Jazz.
Natürlich ganz anders, als das, was Jazzfest-Leiter Richard Williams bei seinem viertägigen Perforceritt durch die Jazz-Stilkunde am Freitag auf die Bühne des Festspielhauses stellte. Mit der der Suite The Nine Dances Of Patrick O’Gonogon war das Keith Tippett Octett für die kammermusikalische Abteilung zuständig. Die britische Jazz-Ikone hat in den vergangenen 50 Jahren so ziemlich alles gemacht, was man als Pianist, Komponist und Bandleader so machen kann und braucht niemandem mehr etwas beweisen. Mit 68 gönnt sich der wilde Stilmarodeur vergangener Jahrzehnte nunmehr ein klein wenig Altersmilde, ohne seine gut disponierten Bläser – darunter einige seiner Schüler – von mitunter heftigen Ausflügen in die Welt der freien Melodien abzuhalten.
Die dieser irisch inspirierten Komposition mitunter immanente elegische Strenge droht daher niemals im Easy Listening zu versanden. Und das ist auch gut so, weil Easy Listening der Totengräber des Jazz ist. Vom Hocker gerissen hat mich das dennoch nicht, das Gefühl einer gewissen Altbackenheit mochte nicht so recht weichen.