Zwischen Faschismus, Kräuterseitlingen und großer Musik

Ich rekapituliere mal die letzten Tage.

- In Clausnitz (Sachsen, wo sonst) umzingelt ein entmenschter, 100köpfiger Mob einen Bus mit 15 Flüchtlingen, die in dem Ort untergebracht werden sollen. Verängstigte Businsassen werden von der Polizei gewaltsam heraus gezerrt, der Leiter der Polizeidirektion rechtfertigt dies und kündigt zudem an, gegen Flüchtlinge wegen Widerstandes zu ermitteln.

- In Bautzen (Sachsen, wo sonst) klatschen gröhlende Erwachsene und Kinder Beifall, als ein Haus, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollten, nach einer Brandstiftung in Flammen aufgeht. Einige versuchen, die Löscharbeiten massiv zu behindern.

- In Berlin blockiert die CDU den schnellen Bau von dauerhaften Unterkünften für bis zu 15.000 Flüchtlinge.

-In Brüssel wurde vereinbart, dass Zuwanderern aus anderen EU-Ländern bis zu vier Jahren Sozialleistungen verweigert werden können. Kein Ergebnis gab es dagegen bei der Frage der Verteilung der in Griechenland ankommenden und registrierten Flüchtlinge. Man setzt darauf, dass der durchgeknallte Kurdenschlächter Erdogan es irgendwie schaffen wird, Flüchtlinge weitgehend an der Überfahrt nach Griechenland zu hindern. Dafür soll er viel Geld bekommen, sowie die stillschweigende Duldung des Terrors gegen die Kurden in der Türkei, Syrien und dem Irak.

- In den Umfragen zu den drei Landtagswahlen im März klettert die AfD von einem Rekordwert zum nächsten. Der Wettlauf von CDU/CSU, SPD und Grünen um eine möglichst AfD-affine Flüchtlingspolitik wird immer hektischer.

- In Berlin-Moabit wird derweil erbittert über die geplante Ersetzung von Gaslaternen durch LED-Leuchten gestritten.

Zeit, um was Schönes zu essen. Z.B. gebratene Kräuterseitlinge mit Estragon-Zitronenschalen-Mayonnaise und geriebenem Pecorino. ( ein Rezept aus „Effilee“)

fehlen natürlich noch ein paar Scheiben Baguette

Zeit, um was Schönes zu trinken. Z.B. einen großen, mineralisch geprägten Riesling von der Mosel, voller Saft, schier überbordend von Aromen tropischer Früchte und mit dezenter Kräuterwürze. (über den schreibe ich ein anderes Mal mehr).

Und natürlich Zeit, mal ein außerordentliches Stück Musik zu hören. Wie z.B. die neue CD vom ebenfalls neuen Joachim-Kühn-Trio- „Beauty & Truth“. Der große Altmeister des modernen deutschen Jazz hat sich mal wieder neu erfunden und spielt sich leichtfüßig (oder besser: leichthändig) und höllisch groovend durch ein paar Jahrzehnte Rock- und vor allem Jazzgeschichte. Mit freundlichen Grüßen von den Doors, George Gershwin, Ornette Coleman, Gil Evans und Krzystof Komeda. Keine „Coverversionen“ sondern Extraktion des „spirits“ eines jeden Stückes und dessen respektvolle Verarbeitung im unnachahmlichen Kühn-Sound, unterstützt von zwei kongenialen „jungen Wilden“ (Eric Scafer (drums), Chirs Jennings (bass). Ganz groß und vor allem Seelenmassage.

Den nicht nur, aber besonders in Sachsen erstarkenden Faschismus wird man mit Kräuterseitlingen, Riesling und einer CD von Joachim Kühn nicht stoppen können. Zumal er sich allmählich von den Rändern der Gesellschaft in die so genannte Mitte vorfrisst. Doch Genuss ist bekanntlich auch eine Form von mentaler Notwehr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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