An Entertainment mangelt es in Moabit nicht. Der „langen Nacht des Weins“ am Freitag in der halbgentrifizierten Markthalle folgten am Sonnabend und Sonntag die „Berliner Käsetage“ im Rahmen der Reihe „eat!berlin“. Im Vergleich zu der übervollen Weinsause am Freitag stellte sich das Käse-Event als vergleichsweise entspannte Veranstaltung heraus. Wer nicht nur kam, um sich umdudelt von ein bisschen Soft-Jazz an den Brunch-Buffets die Plauze zu füllen und dabei an Sektkelchen zu nippen, konnte sogar richtig interessanten Käse probieren; leckeres, gut gereiftes Zeug u.a. aus Österreich, England und Italien. Dann noch eine außergewöhnlich gute Weißwurst und ein kräftiger Riesling brut-Sekt vom Weingut Ernst Eifel aus Trittenheim (Mosel) und der sonnige Sonntag war würdig eröffnet. Ja, die altehrwürdige Arminiushalle ist mittlerweile auch eine angesagte Event-Location. Manche bedauern dies und erinnern wehmütig an die „guten alten“ Markthallenzeiten. Doch die sind definitiv vorbei, weil der Kunde es so wollte. Und solange man in der Halle zu den normalen Öffnungszeiten neben französischer Gourmet-Küche und einigen recht guten Weinen auch noch ne Schrippe für eine paar Cent oder ein Kilo Mufflonrücken für zehn Euro erhält, funktioniert der Spagat zwischen Einkauf und Rummel so einigermaßen.
Doch nach so viel kleinbürgerlicher Genuss-Noblesse steht mir dann manchmal der Sinn nach eher proletarischen Vergnügungen. Also nach einer Verdauungsrunde durch die Rehberge ab ins Poststadion, wo der multikulterelle örtliche Fußball-Spitzenklub BAK 07 sich anschickte, mit einem Sieg über die U23 – Mannschaft von Hertha BSC den 2. Tabellenplatz in der Regionalliga Nordost zu erklimmen. Hier spielt kein Jazz-Trio sondern der Stadion-Sprecher heizt die Stimmung an. Hier klirren keine Sektkelche, sondern verliert „Berliner Pilsner“ in den Plastebechern allmählich seinen Schaum. Hier wird nicht gehobene Casual-Wear zur Schau getragen, sondern sich mit robuster Freizeitkleidung gegen die Kälte im zugigen Poststadion gewappnet.
Der BAK hat wieder mal versagt. Nach der frühen Führung wurde nicht entschlossen nachgesetzt sondern öder Verwaltungsfußball gespielt. Auch in der 2 Halbzeit spielte die in der Winterpause beträchtlich aufgerüstete Mannschaft nur in den ersten zehn Minuten einigermaßen druckvoll. Die Hertha-Bubis nutzen anschließend zwei erschreckende Abwehrpannen des BAK, um das Spiel zwischen der 60. und 70. Minute zu drehen. Bei ihrer Schlussoffensive deuteten die Moabiter an, was sie können, doch es blieb bei der unnötigen 1:2 Niederlage, die wohl auch das endgültige Ende der ohnehin nur noch sehr verhaltenen Aufstiegsträume bedeutet. Entsprechend bedient war BAK-Trainer Steffen Baumgart in der Pressekonferenz nach dem Spiel
Auf der Fahrt nach Hause ging mir noch durch den Kopf, dass ich vermutlich der einzige Moabiter und überhaupt der einzige Mensch bin, der am heutigen Sonntag sowohl den Käse-Event in der halbgentrifizierten Markthalle als auch das Spiel im leicht angeranzten, aber charmanten Poststadion besucht hat. Jedenfalls ein netter Sonntag.