Gibt’s was zu feiern?

Dresden ist wirklich eine ausgezeichnete Wahl für die Feierlichkeiten zur „Deutschen Einheit“ . Denn in der sächsischen Möchtegern-Metropole weiß man, wie man es nicht nur auf Parties ordentlich krachen lässt. Mal hier ein bisschen Sprengstoff auf eine Moschee , mal da ein paar abgefackelte Polizeiautos. Auch für seine Gastfreundschaft und Weltoffenheit ist Dresden längst überrregional bekannt. Es sei denn, man hat dunkle Haut, fremdartige Gewichtsformen, ist Moslem oder Linker, dann verteidigt der Dresdner ganz entschieden die deutsche Leitkultur. Natürlich nicht jeder, aber diejenigen, die weder Nazis, noch Rassisten oder auch einfach nur strunzdämlich sind, ducken sich anscheinend überwiegend weg.

Und jetzt nicht mehr, oder wie?

In Sachsen dürfen örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete ungestraft von drohender „Umvolkung“ reden. Dort (aber auch in Mecklenburg-Vorpommern) gilt es als demokratischer Fortschritt, wenn die NPD-Fraktion im Landtag durch eine drei Mal so starke Rassistenpartei namens AfD ersetzt wird.

Jedes Land hat das Pack, was es verdient. Ein unermesslich reicher Staat, dessen herrschende politische Elite massenhafte Kinder- und perspekjtivisch auch Altersarmut, immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse und die soziale und soziokulturellen Ausgrenzung von Millionen von Menschen kaltlächelnd in Kauf nimmt, braucht sich nicht wundern, dass einige von denen auf ziemlich dumme Gedanken kommen. Von denen haben sich viele vom zivilisatorischen Grundkonsens einer demokratischen Gesellschaft verabschiedet, doch das gilt auf der anderen Seite eben auch für große Teile der Eliten.Mit dem Pöbel will der nichts zu tun, und das gilt auch für viele Linke und vor allem für den grün ängehauchten „alternativen Mittelstand“. Der übt sich in postmaterieller Selbszoptimierung und reitet eine Lifestyle-Sau nach der anderen durch’s Dorf. Es ist genau dieses Pack, dass gerne von „Toleranz“ und „Weltoffenheit“ schwafelt, aber beinhart seine Privilegien verteidigt

Beste Voraussetzungen also für eine gelungene Einheitsfeier in Dresden und anderswo.Doch iwenigstens ich habe durchaus einen Grund, am 3.Oktober zu feiern. Ich bin schließlich ein „Wendegewinner“, denn ohne den Beitritt der DDR zur BRD – andere sagen Annektion – hätte ich ummauerter Westberliner mir wohl kaum einen Landsitz in Wandlitz nebst Gemüsebeet einrichten können. Und das ich im zarten Alter von 34 Jahren erstmals das Umland meiner Heimatstadt erkunden konnte, war auch ein Gewinn. Vielleicht bin ich so allmählich ja auch ein Arschloch.

 

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