Feuer und Flamme für C&A

War ein echtes Schnäppchen, meine C&A-Jacke. Den wirklichen Preis bezahlen andere, manchmal auch mit ihrem Leben

 

Gerne hätte ich heute etwas über meine „Prozess-Weine“ geschrieben. Immerhin hatte ich drei Flaschen ins Auge gefasst bzw. kalt gestellt, von denen ich – je nach Ausgang der Verhandlung meiner Klage beim Arbeitsgericht gegen die „Junge Welt“ – eine unmittelbar nach Urteilsverkündung öffnen wollte.

Doch zum einen zieht sich die Urteilsverkündung hin, und außerdem ist mir im Moment nicht nach genussvollem Trinken zu Mute. Denn ich schäme mich ein bisschen für mein heutiges Outfit. Nicht, weil ich übermäßig schlampig oder auch nur unpassend gewandet bin, sondern weil ein Großteil meiner heute benutzten Kleidungsstücke von C&A stammt. Es ist kein sonderlich gutes Gefühl, dass jene Näherinnen, die meinen Fleece-Pulli und meine Übergangsjacke genäht haben, möglicherweise vor wenigen Tagen in einer Textilfabrik in Bangladesch verbrannt sind, als Opfer mörderischer Arbeitsbedingungen und mangelnder Sicherheitsvorkehrungen. Oder das ihnen das zumindest jederzeit passieren kann.

Bangladesch ist der zweitgrößte Textilexporteur der Welt. Viele der mehr als 4000 Textilfabriken, in denen über zwei Millionen Menschen arbeiten,  erfüllen nicht einmal minimale Sicherheitsstandards, von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und angemessener Bezahlung ganz zu schweigen. Tödliche Unfälle gab in den vergangenen Jahren des Öfteren. Das scheint uns weitgehend egal zu sein: Allein Deutschland importierte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2011 Bekleidung im Wert von drei Milliarden Euro aus dem asiatischen Land.

„Immer im Trend und trotzdem preiswert ist C&A die erste Adresse, wenn es um schicke und günstige Kleidung aller Art und für jede Gelegenheit geht. Ob Abendkleider für einen Ball, süße Dirndl fürs Oktoberfest oder lässige Hosen und Tops für einen coolen Streetstyle, mit den Styles von C&A bist Du immer bestens beraten“ heißt es in einer Werbeanzeige eines Online-Vertriebspartners der Textilkette.  Ob das alles so stimmt, sei dem Urteil der Kunden überlassen. Ich bin mit meiner praktischen und strapazierfähigen Übergangsjacke jedenfalls absolut zufrieden. Sie hat 29 Euro gekostet. Den eigentlichen Preis für dieses Schnäppchen zahlen andere, Tag für Tag, Jahr für Jahr.

“Unser Mitgefühl gilt den Opfern dieses furchtbaren Unglücks sowie deren Familien und Angehörigen”, erklärte am Wochenende pflichtgemäß der Europa-Sprecher von C&A. Doch einem internationalen Brandschutzabkommen, mit dem derartige Katastrophen verhindert werden könnten, ist die Handelskette bislang nicht beigetreten, wie die Gewerkschaft ver.di am Montag mitteilte. Denn das würde ja Geld kosten, und dann wäre man vielleicht nicht mehr ganz so „immer im Trend und trotzdem preiswert“.

Dass der Kapitalismus gerne über Leichen geht, wenn es der Rendite nutzt, ist eine Binsenweisheit. Doch selten ist sie – im wahrsten Sinne des Wortes- so hautnah erfahrbar wie bei „günstigen“ Textilien.

Ein Gedanke zu “Feuer und Flamme für C&A

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