Was für Zeiten, Ständig tritt irgendjemand zurück oder wird zurückgetreten, wer weiß das schon so genau. Wäre ich Esoteriker, würde ich die derzeitige Häufung als logische Folge einer bestimmten kosmischen Konstellation sehen. „Mars läuft gerade durchs neunte Haus des Jupiter“ oder so. Bin ich aber nicht. Und daher denke ich eher daran, jene Menschen, die plötzlich aus dem Rampenlicht verschwinden, mit einem angemessenen Glas Wein zu verabschieden.
Beginnen wir mit dem Superstar der Demissionierten. Papst Benedikt XVI, alias Joseph Ratzinger, genannt Ratzi, hat seinen unbefristeten Job als Stellvertreter Gottes und oberstes Jesus-Double schlagartig gekündigt, weil er sich dafür zu schlapp fühlt. Gut gemacht, Ratzi, denn man muss ja nun wirklich nicht wie dein Vorgänger Karol Wojtyła quasi vom Amtssessel in die Kiste fallen. Obwohl das ja für einen Papst so eine Art Beförderung ist.
Wie dem auch sei: Lasst uns (nein, nicht beten) einen Messwein auf Benedikt trinken. Dieser muss laut dem Römischen Messbuch in der aktuellen Fassung von 2007 „ vom Gewächs des Weinstocks (vgl. Lukas 22, 18) stammen und naturrein und unvermischt sein, das heißt ohne Beimischung von Fremdstoffen“. Dies kann sich jeder Winzer vom zuständigen Bistum bestätigen lassen, um anschließend die Katholen-Parties beliefern zu dürfen. Erste Wahl wäre sicherlich der Rüdesheimer Klosterlay 2009 „Harmonia Caelestis “ Riesling Auslese lieblich vom Klosterweingut St. Hildegard in Rüdesheim. „ Ein wahrhaft himmlisches Tröpfchen mit eleganter Harmonie und großem Potential“ bedichten die kelternden Nonnen ihren Tropfen. Na dann Prost, Ratzi.
Ein paar Tage vorher musste Annette Schavan ihr Dienstzimmer im Bundesbildungsministerium räumen. Anders als bei Ratzi stand bei Schavan die Nachfolgerin bereits Gewehr bei Fuß. Viel ändern wird sich nicht, auch Johanna Wanka sieht ihre Hauptaufgabe in der Elitenförderung und hat sich zudem als beinharte Verfechterin von Studiengebühren profiliert. Ihr Job ist zunächst bis Ende September befristet, da der Wähler sie dann wieder nach Hause schicken kann. Allerdings könnte es mit dem Abgang noch schneller gehen. Derzeit suchen straff organisierte Mathematiker-Bataillone nach plagiatsverdächtigen Ungereimtheiten in ihrer Doktorarbeit „Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potentialtheoretischen Mitteln“.
Aber erstmal wird der Abschiedstrunk für Schavan fällig. Die stammt aus Jülich, einem Kaff zwischen Mönchengladbach und Grevenbroich im Bezirk Düsseldorf. Es muss ja nicht immer Wein sein. Wir prosten der ertappten Plagiatorin mit einem schönen Altbier von der Düsseldorfer Privatbrauerei Frankenheim zu: Nimm’s nicht persönlich, Annette, und schließlich schummeln andere ja auch.
Wenn Wanka zurücktreten sollte, wird es schwierig. Denn die hat ihre Kindheit in Rosenfeld im Landkreis Torgau verbracht. Das liegt an der Grenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt, einer Gegend also, die bis heute den Beweis schuldig geblieben ist, dass es dort überhaupt was unfallfrei Ess- oder Trinkbares gibt. Die Produkte der Torgauer Brauerei erfüllen dieses Kriterium jedenfalls nicht.
Damit man nicht immer kurzfristig verzweifelt nach Abschiedsgetränken für Zurückgetretene suchen muss, sollte man sich vielleicht ein bisschen bevorraten. Fällig könnte bald Berlins Flughafen-Chaot Klaus Wowereit sein. Eine einfache Aufgabe, denn der Regierende Partymeister der Hauptstadt ist für sein Champagner-Faible bekannt: Veuve Cliquot und sonst gar nichts zum Abschied.
Auch der bereits ziemlich rücktrittsreif wirkende renommierte Dirndl-Gutachter Rainer Brüderle macht es einem einfach: Sein reichlicher Konsum von Pfälzer Riesling ist legendär, und ein anständiger 2009 Kallstadter Saumagen Riesling Kabinett trocken vom Weingut Koehler-Ruprecht sollte ohnehin in keinem gut sortierten Weinregal fehlen. Gerüchten zufolge soll auch was mit Wolfgang Schäuble im Busch sein. Doch der stammt aus Freiburg im Breisgau, und einen anständigen badischen Spätburgunder hat man eigentlich immer im Haus
Rainer, da hättest aber durchaus was besseres als die Frankenheim Brauerei (die noch nicht einmal mehr in Düsseldorf selbst braucht) und ihrem pappsüßen Altbier empfehlen können. Just try Uerige, oder ganz neu in der Albierbrauereiszene: Gulasch Alt oder auch Kürzer Alt. Vielleicht sehen wir uns ja auf der ProWein.
Ich gebe unumwunden zu, dass ich als Berliner nicht kompetent in Sachen Altbier bin. Habe mich lediglich an ein denkwürdiges FRankenheim-Gelage in einer Eckkneipe in Neuss erinnert (ist lange her). Das hatte übrigens auch mit der Prowein zu tun. Du weißt ja, das Beste an Weinmessen ist das Bier danach. Wir sehen uns in Düsseldorf.