Eigentlich hatte ich ja wenig Lust, etwas über den „Pferdefleisch-Skandal“ zu schreiben. Denn zu Menschen, die sich Unmengen Rind- und Schweinefleisch aus Massentierhaltung einverleiben und dann Schreikrämpfe und Kotzattacken bekommen, wenn ein wenig Pferde-Hack untergemischt wurde, fällt mir nicht viel ein. Auch ist es schwer nachvollziehbar, dass sich irgendjemand wundert, dass „Tiefkühl-Lasagne mit Hackfleischfüllung“ für 1,99 im Supermarkt nicht unbedingt ein Premiumprodukt mit erlesenen Zutaten aus zertifizierter Herstellung ist.
Doch zweifellos hat die Affäre auch was Gutes. Denn endlich wird mal wieder thematisiert, wie die Lebensmittelmafia agiert. Rohstoffe und Halbfertigprodukte werden von der EU subventioniert durch halb Europa hin und her gekarrt. Kein Mensch kann mehr nachvollziehen, woher die Bestandteile eines Fertiggerichts stammen und wie und wo sie verarbeitet wurden. Damit das so bleibt, hat die Lobby alle Versuche unterbunden, auch nur ein ganz klein bisschen Transparenz bei der Lebensmittelkennzeichnung vorzuschreiben.
Dass bei den jetzt inkriminierten Tiefkühlgerichten Pferde- statt wie angegeben Rindfleisch verwendet wurde, ist natürlich illegal und gegenüber den Verbrauchern eine Unverschämtheit. Zwar ist gegen Pferdefleisch überhaupt nichts einzuwenden. Nicht umsonst gehört es in vielen europäischen Regionen zu den sehr geschätzten Lebensmitteln und hat auch in Berlin seine Anhänger. Doch der Verbraucher sollte das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob er Pferdefleisch essen wil oder nicht. Aber im Vergleich zu dem alltäglichen Wahnsinn in den Kühltruhen und Konservenregalen ist das eher eine Lappalie.
Dank der aktuellen Aufregung um das Pferdefleisch kann sich künftig jedenfalls niemand mehr damit rausreden, er habe das alles nicht gewusst. Das Problem scheint mir eher zu sein, dass die meisten Menschen gar nicht wissen wollen, was es mit ihren Lebensmitteln auf sich hat, besonders wenn es um Fleisch geht.
Wie ich einige meiner Leser kenne, kommt jetzt wieder die Hartz-IV-Keule: Die ärmeren Menschen seien doch auf den Junk-Fraß angewiesen, was anderes könnten die sich doch gar nicht leisten, heißt es dann. Was für ein Unfug: Wer wenig Geld hat und dennoch Lasagne mit Hackfleischfüllung essen mag, kann das problemlos tun. Dazu braucht man eine Packung Lasagne, eine Packung passierte Tomaten, ein bisschen frisches Gehacktes vom – meist preiswerten – türkischen Fleischer und ein paar Kräuter, that’s it. Wer aber weiterhin meint, unbedingt globalisierte Abfallprodukte aus dem Tiefkühlregal kaufen zu müssen, dem können sie von mir aus auch Hunde- oder Rattenfleisch unterjubeln. Schmecken würde er es jedenfalls nicht.
“Dass bei den jetzt inkriminierten Tiefkühlgerichten Pferde- statt wie angegeben Rindfleisch verwendet wurde, ist natürlich illegal und gegenüber den Verbrauchern eine Unverschämtheit.”
“Wer aber weiterhin meint, unbedingt globalisierte Abfallprodukte aus dem Tiefkühlregal kaufen zu müssen, dem können sie von mir aus auch Hunde- oder Rattenfleisch unterjubeln. ”
Diese beiden Aussagen kann ich irgendwie nicht auf einen Nenner bringen…
Ansonsten guter Text!
Gruß, Duderich
Widerspruch? Nö! Verbraucherschutz und die Forderung nach Transparenz sind das Eine. Aber was nutzt die beste Transparenz in der Lebensmittelkennzeichnung, wenn sich Menschen nicht für die Wertigkeit von Lebensmitteln interessieren
“Wie viel Pferdefleisch enthält eigentlich Pferdefleisch?”, fragt Hans Zippert in der Welt. “Britisches Pferdefleisch besteht beispielsweise teilweise auch aus Rheumatabletten.”
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