Der Besuch von Gewerkschaftstagen ist definitiv nicht vergnügungssteuerpflichtig. Man taucht ein in eine Art Mikrokosmos, der sich irgendwo zwischen skurrilen bürokratischen Ritualen, innerorganisatorischen Scharmützeln, aufrechtem Engagement und dem Ringen und Posten und Pöstchen bewegt. Das soll nicht heißen, dass der Bundeskongress der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), den ich seit Mittwoch in Düsseldorf als Korrespondent für das „Neue Deutschland“ verfolge, eine überflüssige Veranstaltung ist.
Neben der Verteidigung berufsständischer Interessen von Pädagogen hat sich die GEW auch den Kampf für das Recht auf Bildung für Alle auf die Fahnen geschrieben und gehört seit Jahren zu jenen Gewerkschaften, die klare Kante gegen den neoliberalen Sparwahn zeigen.
Kommen wir zum Genussfaktor. Eigentlich ist bekannt, dass in Düsseldorf hier und da gar nicht so schlecht gekocht wird. Umso befremdlicher, dass es beim abendlichen Buffet im CongressCentrum den schlechtesten Coq au vin gab, der mir jeweils begegnet ist: Faserige Hühnerfleischbrocken in einer langweiligen salzigen Soße, garniert mit ein wenig zerkochtem Gemüse. Natürlich kann man von einem Buffet für 500 Menschen keine á la carte-Qualität erwarten, aber so unterirdisch muss es keinesfalls sein. Vielleicht denkt man ja, dass man Lehrern kulinarisch alles andrehen kann. Vielleicht stimmt das in einem gewissen Umfang auch. Zumal die Entwicklung der Genussfähigkeit in der Pädagogik noch immer ein Schattendasein fristet. Auf dem GEW-Bundeskongress ist das leider kein Thema.
Auch ein kurzer Rundgang durch die Düsseldorfer Altstadt vermag nicht zu erquicken. Die schöne Bausubstanz ist längst zur Fassade für Ballermann-artigen Touristenrummel verkommen. Doch es gibt noch ein paar Kneipen, in denen man ein anständiges Altbier von einer der verbliebenen Düsseldorfer Privatbrauereien erhalten kann. Sehr empfehlenswert ist das traditionsreiche „Uehrige“, ein ausgesprochen „lecker Dröppke“; malzig, kräftig und mit einer markanten, edelbitteren Hopfennote.
Heute geht es auf dem Gewerkschaftstag um u.a. um Satzungsfragen und die Wahl des/der neuen Vorsitzenden. Abends wird der Hunger kommen. In wohl keiner deutschen Stadt kann man so gut japanisch essen wie in Düsseldorf, ein Ergebnis der großen japanischen Kolonie, die dort bereits seit den 1950er Jahren angesiedelt ist. Gerne folge ich den Vorschlägen ortskundiger Kollegen, und deswegen geht es heute ins „naniwa“, dem Vernehmen nach ein absoluter Suppenspezialist. Schließlich wird auch morgen ein arbeitsreicher (Gewerkschafts)Tag. Da kann ein kleines kulinarisches Highlight am Vorabend nichts schaden.