Urlaub von Mutti mit Rosé aus Frankreich

 Wenn das Wetter nicht so großartig wäre, könnte man eigentlich ziemlich übel gelaunt sein. Zwei Drittel aller Deutschen finden es ziemlich daneben, wie devot Mutti und die anderen Regierungsfuzzis mit der flächendeckenden Überwachung „ihres“ Volkes durch US-Geheimdienste umgehen. Dennoch bahnt sich für die CDU ein historischer Wahltriumph an. Zumal es die FDP wohl doch wieder in den Bundestag schaffen wird.

Dann hätten wir noch die von der Atomlobby geschmierten Irren in Brüssel,   die den Ausbau der Atomenergie als „Ziel der EU“ festschreiben wollen und die öffentliche Förderung für den Bau neuer Meiler anstreben. Obwohl die Dinger bekanntlich in Luft gehen können und zudem niemand weiß, wohin der strahlende Müll soll.

Und in Italien übersteht ein Innenminister einen Misstrauensantrag, der jenseits  aller Rechtsnormen die Ehefrau und die Tochter eines Flüchtlings quasi als Geiseln an das Terrorregime in Kasachstan überstellen ließ. Das sei zwar nicht schön, so der Tenor der „linken“ Mehrheitsfraktion, aber die „Stabilität“ der vor Berlusconis und Brüssels Gnaden agierenden Regierung gehe nun mal über alles.

Genuss ist bekanntlich Notwehr. In Wandlitz-Stolzenhagen ist wenig von Mutti, neuen Atomkraftwerken, kaukasischen Despoten und italienischen Lakaien zu hören.

Sogar der Maulwurf lässt mich seit Wochen in Ruhe, die Wühlmaus und die Schnecken haben es sich beim Nachbarn gemütlich gemacht. Dafür laufen (doch, wirklich laufen)  ab und zu Graureiher am Zaun entlang. Der Brokkoli harrt bereits der Ernte und Verspeisung, und endlich gibt es auch Kopfsalat mit Gurken und Tomaten aus Eigenanbau. 

Zudem wollte ich an diesem Wochenende meine Suche nach anständigen Rosé-Weinen fortsetzen. In der Neun-Euro-Liga bin ich mittlerweile fündig geworden; dabei wird der neulich besprochenen Clarette vom Weingut Knipser noch deutlich getoppt von der exklusiv für die Metro abgefüllten Rosé-Edition von Battenfeld-Spanier, ebenfalls Mitglied im noblen Verband Deutscher Prädikatsweinwinzer (VDP).

Gärtners Stolz: Mit ein bisschen Pferdemist wächst auch auf märkischem Sand anständiger Brokkoli

Allerdings gehöre ich bekanntlich zu den Verfechtern einer teilhabeorientierten Weinkultur und habe den Ehrgeiz, gerade im unteren Preissegment Weine aufzuspüren, die richtig gut sind ohne gewaltige Löcher in schmale Budgets zu reißen.

Das kann frustrierend sein. Der Tipp des Lesers H., ein  „Storks Tower Estate”, der trotz seines nach Übersee klingenden Namens aus Spanien kommt und bei Rossmann für 3,79 angeboten wird, erwies sich als Mega-Reinfall. Kein bisschen spritzig, diffuse Beerenaromen, säurebefreit und mit einem mumpfigen Nelkenton beleidigte dieser Wein nahezu brutal meine Geschmacksknospen. Für Sardinen, die ich in den Sommermonaten des Öfteren zu grillen pflege, wäre dieser Tropfen eine unverzeihliche Beleidigung.

Wahrscheinlich ist es so gut wie unmöglich, für weniger als vier Euro einen trinkbaren Rosé zu erhalten. In der Preisklasse zwischen fünf und sieben Euro kann man aber durchaus fündig werden. Vor allem, wenn man das seit 17 Jahren von Jean-Pierre Dehottay geführte kleine Weingeschäft „pèbre d’ai“ in der Schöneberger Akazienstraße 12 aufsucht. Hier wird man auch – was für ein Anachronismus im Online-Shopping-Zeitalter- auch noch fachkundig und engagiert beraten.

Dehottay führt ausschließlich direkt importierte Weine, größtenteils aus südfranzösischen Appellationen. Die beiden mir von ihm empfohlenen Rosés passten ganz ausgezeichnet auf die Terrasse und zu den Sardinen. Recht schlank  (12% Alkohol) und mit verhaltener, aber filigraner Frucht zeigte sich der „Les Granitiers“, eine ausgesprochen sommerlich-frische “Einsteiger-Cuvée” aus der Region Cotes du Tarn für schlappe 4,95 Euro. Deutlich fülliger und beeriger, mit schönen Limette- und Minze-Noten und erstaunlich knackiger Säure ausgestattet dann schließlich der „Adonis“, eine Cuvée aus Grenache und Syrah von den Caves de Lumières in der Appellation Ventoux. (6,25 Euro). Beide unbedingt empfehlenswert!

Eigentlich hätte man es von vornherein wissen können: Frankreich hat  – anders als Deutschland – eine große Tradition als Produzent trockener Roséweine, gerade als Speisenbegleiter.  Und wer weiß: vielleicht bekommen ja Hummel und Hein, falls sie im kommenden Jahr wieder Rosé abfüllen, Ernst zu nehmende Konkurrenz.

2 Gedanken zu “Urlaub von Mutti mit Rosé aus Frankreich

  1. Den “Umweg” über Rossmann und ähnliche Läden hättest Du dir in diesem Fall sparen können. Rosé, Weißherbst&Co sind bei billigen Massenabfüllungen hierzulande eigentlich immer labbrig und oft auch noch pappsüß. Und selbst viele eigentlich ganz gute Winzer haben sich längst auf die deutsche Sucht nach hellroten, flüssigen Fruchtdrops eingestellt. Rosé gilt hierzulande als “unkomplizierter, sommerlicher Partywein” und das verheißt leider nicht Gutes.

  2. Rosés an ihrer Verträglichkeit mit gegrillten Sardinen zu messen, halte ich für etwas gefährlich.

    Denn das, was zu jenen Sardinen passt, könnte jede Dorade, jeden Wolfsbarsch in ein Übermaß an Rosé-Tönen ertränken; ebenso ein Safran-Risotto oder eine gedämpfte Artischocke…
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    Wir sind zuhause, seitdem wir nicht mehr rauchen, beileibe keine Fans spanischer Weine mehr! Die Roten vor allem haben uns, auch in Andalusien, immer wieder enttäuscht: zuviel Gerbsäure beim Hinunterschlucken – auch bei nicht eben preiswerten Tropfen!

    Aber dort haben wir in der Gegend von Ronda in 2011 und letztes Jahr je einen Rosé und einen Weißen aus der Rioja entdeckt und wahrlich genossen: sie stammten beide vom Betrieb “Marqués de Cáceres”. Zwei unglaublich versiert gemachte Weine, intensiv aber von seltener Klarheit. Nullkommanix Nelke :-)

    Vor allem der Rosé 2010 konnte mit einem Côtes de Provence oder einem Coteaux varois en Provence vom 8-9 €-Kaliber problemlos mithalten, und das für ganze 6 € die Pulle…